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# taz.de -- Fahrradunfälle: Radweg in den toten Winkel
> Ein Laster überfährt eine 34-Jährige. Sie ist die erste Berliner
> Radunfalltote in diesem Jahr. Fahrradbeauftragter: Mit einer Radspur auf
> der Straße wäre das nicht passiert.
Bild: Es wäre schön, wenn alle LKW mit so vielen guten Spiegeln ausgestattet …
Die hoffnungsvolle Null in der Verkehrsstatistik war um 8.40 Uhr
Vergangenheit. Am Mittwochmorgen starb erstmals in diesem Jahr eine
Radfahrerin auf Berlins Straßen. Die 34-Jährige wurde an der Kreuzung
Danziger Straße/Prenzlauer Allee in Prenzlauer Berg von einem Lkw
überrollt. Nach Polizeiangaben hatte der Fahrer die Frau offenbar im
sogenannten toten Winkel übersehen. Der Radweg, auf dem sich die 34-Jährige
bewegte, verläuft zudem auf dem Bürgersteig, statt - besser einsehbar - auf
der Fahrbahn. Beides bringt Berlins Fahrradbeauftragten Benno Koch zu der
Einschätzung: "Das ist ein Unfall, der vermeidbar war."
Ortsbegehung einige Stunden später: Weder Splitter noch Blutspuren weisen
auf den Unfall am Morgen hin. Anwohner aber erzählen von dem
möbelwagengroßen Laster, der von der Danziger Straße aus rechts in die
Prenzlauer Allee in Richtung Norden einbog. Fast gleichzeitig bahnt sich
eine Wiederholung des Vorfalls an: Wieder fährt eine junge Radfahrerin auf
der Danziger Straße über die Kreuzung - ordnungsgemäß bei Grün -, als neben
ihr ein abbiegender Lkw gerade noch so zum Stehen kommt.
Der Unfall und der Beinaheunfall bestätigen einen Trend in der
Unfallstatistik der Polizei. Seit 2005 wuchs die Zahl derjenigen, die durch
rechtsabbiegende Fahrzeuge verunglückten, fast um die Hälfte. 2008 wurden
auf diese Weise 636 Radler verletzt, teilweise schwer oder tödlich. Der
Fahrradbeauftragte Koch zitiert eine weitere Statistik, nach der jeder
zweite tödliche Unfall in Zusammenhang mit dem toten Winkel steht. Das ist
jener Bereich, den vor allem bei Lkws normale Spiegeln nicht erfassen.
Auf Kochs Initiative hin wurde vor einigen Jahren zwar bundesweit eine
Verordnung durchgesetzt, die zusätzliche Spiegel zur Pflicht macht, mit
denen es den toten Winkel kaum noch gibt. Ältere Laster bis Baujahr 2000
sind davon jedoch ausgenommen.
In den vergangenen Jahren starb im Durchschnitt jährlich ein Dutzend
Radfahrer in Berlin. Trauriger Rekord waren 24 Tote im Jahr 2003. Am
wenigsten waren es 2005 mit 7. Generell allerdings fährt und geht es sich
in Berlin sicherer als anderswo: In keinem Bundesland gab es 2008, gemessen
an der Einwohnerzahl, weniger Verkehrstote.
Die Kreuzung Danziger Straße/Prenzlauer Allee taucht in der jüngsten
Verkehrsstatistik der Polizei als einer von stadtweit acht Brennpunkten mit
Fahrradunfällen auf (siehe Karte). Für 2008 sind dort ein Schwerverletzter
und zwölf Leichtverletzte verzeichnet. "Die Prenzlauer Allee und die
Schönhauser Allee sind die Strecken mit den meisten Fahrradunfällen", so
Koch.
Er bescheinigt der zuständigen Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) viel
Willen zu Veränderung: "Sie ist eine absolute Verfechterin von Radspuren
auf Fahrbahnen." Seit sie 2004 ins Amt kam, seien 100 Kilometer
entsprechender Markierungen entstanden. Dem gegenüber stehen insgesamt
1.500 Kilometer Hauptstraße. Koch spricht aber von "einem Riesenschritt
nach vorn", weil sich zuvor nur wenig getan habe.
Auch die Verkehrsexpertin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Claudia
Hämmerling, sieht vereinzelt durchaus guten Willen, Radwege auf die
Fahrbahn zu holen. Doch gerade bei Straßenneubau herrsche oft noch "Denken
aus dem Mittelalter" vor. Das gilt für sie auch bei aktuellen Bauarbeiten,
etwa in der Stresemannstraße nahe dem Potsdamer Platz. Dort würden an
Engstellen Radfahrer und Fußgänger zusammengedrängt. In der
Stresemannstraße verbietet an der Baustelle sogar ein Schild Radfahrern,
die Straße zu benutzen, und zwängt sie mit Fußgängern in einen engen
Durchgang. "Denen muten sie so was zu", sagt Hämmerling. "Aber auf einen
Parkplatz wird nie verzichtet."
25 Jun 2009
## AUTOREN
Stefan Alberti
Stefan Alberti
## TAGS
Kottbusser Tor
Verkehrstote
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