Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Porsche trennt sich vom Chef: Wiedeking muss gehen
> Nach der verunglückten Übernahme von VW drängen Piech und Wulff den
> Porsche-Chef zum Rücktritt. Das Ende einer bemerkenswerten Karriere. Zum
> Abschied erhält Wiedeking 50 Millionen Euro.
Bild: Muss aussteigen: Wendelin Wiedeking.
STUTTGART afp/rtr | Er hat gerne und auch heftig ausgeteilt, in den
vergangenen Wochen musste er schwer einstecken: Wendelin Wiedeking, viele
Jahre als der deutsche Topmanager schlechthin gepriesen, tritt mit 56
Jahren von der Bühne – gescheitert am Vorhaben, den VW-Konzern zu
übernehmen, ausmanövriert von Politik und VW-Aufsichtsrat Ferdinand Piëch.
Nach einer dramatischen Nachtsitzung verkündete der Porsche-Aufsichtsrat,
was schon länger erwartet wurde: Dass nämlich der bisherige
Produktionsvorstand Michael Macht die Führung des Sportwagenbauers
übernehmen wird. Porsche kündigte zudem eine Kapitalerhöhung um fünf
Milliarden Euro und abschließende Schritte zur Kooperation mit dem Emirat
Katar an.
Wiedekings Nachfolger Macht ist seit 1990 bei dem Sportwagenhersteller.
Zuletzt verantwortete er den Aufbau des Porsche-Werks Leipzig und den
Produktionsbeginn der Baureihen Cayenne und Panamera. Als Stellvertreter
Machts wurde der bisherige Personalvorstand Thomas Edig eingesetzt, der
seit 2006 bei Porsche ist.
Neben Wiedeking verlässt auch der bisherige Finanzvorstand Holger Härter
das Unternehmen. Wiedeking und Härter sind die Architekten des Plans, den
um ein Vielfaches größeren Autobauer Volkswagen zu übernehmen. Mit diesem
Vorhaben waren sie zuletzt gescheitert, weil ihnen die Finanzkrise sowie
der Widerstand von Politik und Volkswagen einen Strich durch die Rechnung
machten.
Porsche hatte zuletzt einen Kapitalbedarf von rund zehn Milliarden Euro.
Volkswagen will die Situation nutzen und strebt seinerseits eine Übernahme
von Porsche an, dessen Sportwagen dann zur zehnten Marke in der
umfangreichen Produktpalette des zweitgrößten Autobauers der Welt werden
sollen.
50 Millionen Euro Abfindung
Wiedeking war jahrelang Topverdiener der deutschen Wirtschaft. Nun bekommt
er 50 Millionen Euro Abfindung, wovon die Hälfte an eine Stiftung gehen
soll. Ob ihn das Geld über das Scheitern seines großen Plans der Übernahme
von VW trösten wird, ist zu bezweifeln.
Wiedeking übernahm Porsche 1993 als marodes Unternehmen. In den fast 17
Jahren seither formte er den Sportwagenbauer zu einem der lukrativsten
Autobauer der Welt. Einmischen und Anecken ist für den sturköpfigen
Westfalen Wiedeking immer ein selbst gewähltes und gerne zelebriertes
Markenzeichen gewesen. Er war Klassensprecher, Personalrat an der Uni
Aachen, als Maschinenbauingenieur machte er rasch Karriere.
Porsche sanierte er mit harter Hand und steigerte den Wert des Unternehmens
von 300 Millionen Euro auf rund 25 Milliarden Euro im Jahr 2007. Als er
2003 ausgezeichnet wurde als Aachener Ritter wider den tierischen Ernst, da
dichtete Wiedeking über Wiedeking stolz: "Hab Lob und Tadel stets verteilt,
kaum jemand ist mir je enteilt."
Wiedeking war eigentlich Gegner von Fusionen
Wenn andere Autokonzerne für den Bau neuer Werke in Ostdeutschland
Subventionen kassierten, hat Wiedeking die Vorstände öffentlich getadelt.
Am Ende aber ist Wiedeking nicht in erster Linie an Gegnern oder Neidern
gescheitert, sondern daran, dass er ein zu großes Rad drehen wollte.
Ironie des Schicksals: Kurz vor dem ganz großen Coup war Wiedeking noch
unter die Schriftsteller gegangen, hielt in dem Essay-Band "Davidprinzip"
ein Plädoyer gegen einen angeblichen Fusionswahn in der Wirtschaft. Dann
aber erlag er selbst der Versuchung, im September 2005 steigt Porsche
überraschend bei VW ein, steigert den Anteil auf 51 Prozent und peilt dann
die 75-Prozent-Marke an.
Damit wäre tatsächlich einer der größten Automobilkonzerne der Welt zum
Anhängsel des ungleich kleineren Sportwagenherstellers Porsche geworden.
Nun sieht aber alles danach aus, als würde Porsche Teil des VW-Konzerns.
Der Kern des Scheiterns liegt in einer Fehleinschätzung des Porsche-Chefs:
Er hatte sich darauf verlassen, dass die Europäische Union das VW-Gesetz
komplett kippt, das dem Minderheitsaktionär Niedersachsen mit nur 20
Prozent ein Vetorecht in allen wichtigen Fragen einräumte.
Genau das aber passierte nicht. So behielt das Land Niedersachsen seine
mächtige Stellung bei Volkswagen – und Wiedeking blieb der Zugriff auf die
gut gefüllte VW-Kasse versperrt.
Porsche saß am Ende auf teuren Optionen für den Sprung von 51 auf über 75
Prozent der VW-Aktien, die Banken wurden zunehmend nervös. Verhängnisvoll
war zudem Wiedekings Ankündigung, in Wolfsburg gelte es nach der Übernahme
der Mehrheit, "heilige Kühe" zu schlachten.
Erst diese Kampfansage schmiedete aus dem Land Niedersachsen,
Volkswagen-Führung und dem mächtigen Betriebsrat in Wolfsburg ein Bündnis,
das mit dem Frontwechsel von Ferdinand Piëch komplettiert wurde.
Der VW-Aufsichtsratschef, Enkel des Konstrukteurs des legendären VW-Käfer,
Ferdinand Porsche, träumt noch größere Träume als Wiedeking. Er will den
weltweit größten Autobauer mit einer Angebotspalette von mindestens zehn
Marken, vom Klein- über den Sportwagen bis zu den schweren Lastwagen von
Scania formen.
Und auf der Kommandobrücke des VW-Konzerns in Wolfsburg, für den sein
Großvater einst mit dem Käfer den Grundstein legte, kann sich Piëch nur
sich selbst vorstellen.
23 Jul 2009
## TAGS
Porsche
Übernahme
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking: Leitwolf vor Landgericht
Der einstige Porsche-Chef wollte VW übernehmen – und scheiterte krachend.
Am Donnerstag beginnt sein Prozess wegen Marktmanipulation.
Porsche-Manager vor Gericht: Aktienkurs al gusto
Die Staatsanwaltschaft klagt die ehemaligen Porsche-Chefs Wiedeking und
Härter an. Beim Übernahmeversuch von VW wurden nicht nur die Anleger
getäuscht.
Kommentar Porsche: Patriarchen unter sich
In Gutsherrenart haben sich Piëch und VW gegen Porsche durchgesetzt. Aber
der ewige Familiestreit ist nur in eine neue Runde gegangen. Doch das
System hat in einer EU keine Zukunft.
Wulff gewinnt Kampf der Landesfürsten: Die Osnabrücker Sphinx
Das Ringen um Porsche war auch ein Kampf zweier Ministerpräsidenten, zweier
Bundesländer und zweier CDU-Politiker. Mit einem eindeutigen Sieger:
Christian Wulff.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.