# taz.de -- Theaterförderung: Bankrotterklärung für Schwerin | |
> Das Staatstheater Schwerin droht pleite zu gehen. Denn Land will | |
> zukünftig nach dem Gießkannenprinzip fördern. Darunter leiden kleine wie | |
> große Spielstätten in Mecklenburg-Vorpommern. | |
Bild: Schwerins Armenhaus: Die Landesregierung will dem Staatstheater knapp 1,5… | |
Die monetäre Zukunft des Staatstheaters Schwerin ist düster. Weil das Land | |
Mecklenburg-Vorpommern sein Finanzausgleichsgesetz (FAG) ändern will, | |
werden wohl ab 2010 die Fördermittel für alle Theater im Land neu verteilt. | |
Das Fünf-Sparten-Theater in der Landeshauptstadt müsste dann mit rund acht | |
anstatt 9,6 Millionen Euro Landesgeld auskommen. Generalintendant und | |
Geschäftsführer Joachim Kümmritz befürchtet nun die Pleite des Theaters. | |
Die geplante Kürzung der Fördermittel sei "ein ganz schwerer Klops", sagt | |
Kümmritz. Derzeit erhalten die beiden größten Theater des Landes in | |
Schwerin und Rostock je 27 Prozent der für Theater- und Orchesterförderung | |
vorgesehenen Fördermittel des Landes. In Zukunft sollen alle vier | |
Theaterstandorte - Schwerin, Rostock, Stralsund-Greifswald und | |
Neubrandenburg - 25 Prozent bekommen. Durch diese Gleichmacherei fühle er | |
sich bestraft, sagt der Schweriner Intendant. Sollte der Landtag in diesen | |
Tagen das neue Gesetz zum Finanzausgleich bestätigen, drohe dem Theater | |
eine Entlassungswelle. Von 317 Beschäftigten müssten dann etwa 70 gekündigt | |
werden. | |
Schwerins Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow (Linke) steht auf der Seite | |
des Theaterchefs. "Wir werden uns eine Kürzung der Mittel nicht gefallen | |
lassen", sagte sie am Freitag nach einem Treffen mit dem | |
Kulturstaatssekretär Udo Michallik in Schwerin. Es könne nicht sein, dass | |
das "effizienteste und hervorragendste Theater des Landes" derart unter | |
Druck gesetzt werde, sagte Gramkow. | |
Dass zukünftig die vier Mehrspartenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern mit | |
gleich viel Geld bedacht werden, ist der Landesregierung zufolge der | |
finanziellen Lage geschuldet: Weil die Einwohnerzahlen sinken, werden die | |
hieran orientierten Gelder aus dem Solidarpakt bis 2020 auf Null | |
schrumpfen. | |
Das Nachsehen bei dem Vier-Standorte-Modell haben die Einspartenhäuser. So | |
erhalten die Theater Parchim, Güstrow und Wismar bereits ab 2010 keine | |
Mittel aus dem Finanzausgleich mehr. Sie müssen dann mit größeren | |
Spielstätten fusionieren, die klammen Kassen der Kommunen noch mehr | |
belasten oder aufgeben. | |
Das Dilemma der Theaterfinanzierung ist typisch für Flächenländer wie | |
Mecklenburg-Vorpommern. Die Besiedlung ist dünn, die Verschuldung hoch - da | |
bleibt den Landesregierungen oft nur die Wahl zwischen einer Förderung nach | |
dem Gießkannenprinzip und der Leuchtturm-Variante. In Schleswig-Holstein | |
etwa werden lediglich drei öffentliche Theater mit Landesgeldern gefördert. | |
Den Topf von rund 36,7 Millionen Euro teilen sich das Theater Kiel, das | |
Theater Lübeck sowie das Landestheater mit Bühnen in Rendsburg, Flensburg | |
und Schleswig. | |
Das Viersparten-Theater in Kiel mit seinen rund 500 Beschäftigten ist mit | |
knapp 14 Millionen Euro der größte Nutznießer der Gelder. Anstatt wie im | |
benachbarten Meck-Pomm die Förderung herabzusetzen, steigen hier sogar die | |
Zuschüsse. Eine Anhebung um jährlich anderthalb Prozent soll es den | |
Theatern ermöglichen, die Tarif- und Preissteigerungen aufzufangen. | |
Um die Strahlkraft eines großen Theaters am Regierungssitz weiß auch das | |
Land Niedersachsen. Als hundertprozentige Landestochter wird das | |
Staatstheater Hannover im Jahr 2009 mit 50,5 Millionen Euro bedacht. Die | |
mittelfristige Finanzplanung der Landesregierung sieht vor, diesen Betrag | |
bis 2011 sogar um weitere zwei Millionen zu erhöhen. Mit knapp 20 Millionen | |
Euro finanziert sich das Staatstheater Oldenburg zu 75 Prozent durch | |
Landesmittel. Braunschweig als drittes großes Theater in Niedersachsen | |
erhält rund 26 Millionen Euro jährlich. | |
Während Niedersachsen und Schleswig-Holstein die großen Theater in den | |
Landeshauptstädten bevorzugen, versucht es Meck-Pomm mit einer | |
paritätischen Verteilung der Gelder. Für die Stadt Schwerin kommt die | |
Kürzung der Zuschüsse zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Als Trägerin des | |
Staatstheaters müsste sie den finanziellen Ausfall auffangen. Dabei steckt | |
Schwerin mit über 91 Millionen selber bis zum Hals im Schuldenloch. | |
Innenminister Lorenz Caffier (CDU) erklärte den Verwaltungshaushalt der | |
Stadt vor wenigen Tagen sogar für rechtswidrig. | |
Zusammen mit anderen vom geplanten Finanzausgleich gebeutelten Kommunen | |
sowie mit Kultusminister Henry Tesch (CDU) ist für den 7. September ein | |
Gespräch anberaumt. Dort sollen mögliche Kooperationen der Theater und | |
Orchester besprochen werden. | |
17 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Uta Gensichen | |
Uta Gensichen | |
## TAGS | |
Schwerin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Intendant verbietet politische Äußerungen: Maulkorb für Schweriner Schauspie… | |
Beim Schweriner Theaterball untersagt Generalintendant Lars Tietje den | |
Schauspieler*innen des Mecklenburgischen Staatstheaters, sich eigenmächtig | |
politisch zu äußern. | |
Kommentar Theaterförderung: Die schweren Zeiten kommen erst | |
Mecklenburg-Vorpommern kümmert sich um den Mittelbau. Das ist vorsichtig, | |
aber es sichert die Vielfalt - und die muss in der Theaterlandschaft | |
Vorrang haben. |