# taz.de -- Saarland ohne klare Gewinner: Das grüne Zünglein | |
> Die CDU hat bei der Saar-Wahl stark verloren, die SPD nicht wirklich | |
> gewonnen. Die Linke hat gewonnen, weiß es aber nicht zu deuten. Und die | |
> Grünen bleiben lässig. | |
Bild: Grüne Anhänger feiern den Erfolg ihrer Partei. | |
BERLIN/SAARBRÜCKEN taz | Das wohl überraschendste Ergebnis dieser Wahl ist, | |
dass Rot-Rot vor Schwarz-Gelb liegt. Damit hatte kaum jemand gerechnet. | |
SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas meinte fröhlich, dass dies zeige, "was die | |
Saarländer wollen" – nämlich Ministerpräsident Peter Müller ablösen und … | |
durch eine von Heiko Maas geführte rot-rot-grüne Regierung ersetzen. | |
Dass dies der Bundes-SPD schaden könnte, hält Maas für unwahrscheinlich. | |
"Wir haben immer vor der Wahl gesagt, was wir nachher tun werden." Maas | |
will jetzt aufs Tempo drücken. Bereits am Dienstagabend will die SPD andere | |
Parteien zu Sondierungsgesprächen einladen. Die Grünen indes wollen erst | |
mal abwarten. | |
Für die Linkspartei sind die über 21 Prozent ein Sieg – egal ob es für sie | |
zum Regieren reicht oder nur zur Opposition. Die Linke hat gut | |
abgeschnitten. Oder besser gesagt: Die Umfrageinstitute haben mal wieder | |
schlecht abgeschnitten, die Lafontaine & Co vor zehn Tagen nur bei 15 | |
Prozent taxierten. | |
Heinz Bierbaum, Wirtschaftsprofessor, war zwanzig Jahre lang SPD-Mitglied. | |
Jetzt wird er für die Linkspartei ins Parlament einziehen. Bierbaum ist ein | |
klassischer linker Sozialdemokrat, auch SPD-Genossen schätzen ihn als | |
vernünftigen Kopf. Das gute Resultat der Linkspartei, so Bierbaum zur taz, | |
verdankt sich "natürlich vor allem Lafontaine". | |
Außerdem sei das Saarland als klassisches Industrieland, wo Lafontaines | |
Mixtur aus Attacken auf Schwarz-Gelb und dem Habitus des elder statesman | |
offenbar gut ankam. "Müllers Anti-Rot-Rot-Kampagne hat nicht funktioniert" | |
sagt Reinhold Jost, SPD-Geschäftsfühner im Saarland. | |
Allerdings hat die SPD nicht gerade glänzend abgeschnitten. Trotzdem | |
jubelte die Partei bei der Bekanntgabe der ersten Hochrechnung. Ottmar | |
Schreiner, SPD-Linker und Arbeitsminister in Maas Schattenkabinett, hält | |
das Ergebnis für passabel: "Das ist nicht schlecht, wenn man "den | |
Lafontaine-Effekt berücksichtigt und den schwierigen Bundestrend der | |
Partei", sagte er der taz. | |
Im Grunde seien die knapp 25 Prozent SPD und gut 21 Prozent Linkspartei | |
zusasmmen genau das Ergebnis, das die SPD in den Achtziger- und | |
Neunzigerjahren erzielte. | |
Die Möglichkeit einer rot-rot-grünen Regierung beurteilt Schreiner | |
"zuversichtlich". Bei Bildung, Arbeitsmarkt und Energiepolitik seien die | |
Programme von SPD und Grünen bis in die Formulierungen gleich. Es gibt, so | |
Schreiner zur taz, "eigentlich keinen Grund, warum die Grünen Nein zur SPD | |
sagen sollten". | |
Niedergeschlagene Stimmung hingegen bei der CDU-Saar, wie das | |
Lokalfernsehen bis in die Kongresshalle zu Saarbrücken hinein gnadenlos | |
dokumentierte. Dorthin hatte die Landtagsverwaltung wegen des großen | |
Andrangs von Journalisten den Nachwahlabend verlegt. | |
Das erste Wort von Generalsekretär Stephan Toskani dort vom "schmerzlichen | |
Verlust" machte schnell die Runde. 34,5 Prozent für die CDU von Müller. Das | |
"nie erwartete Ergebnis" war denn auch für Landtagsfraktionschef Jürgen | |
Schreier ein "schmerzlicher Verlust", wie der taz sagte. | |
Dass die Union ihre 2004 errungene absolute Mehrheit verlieren würde, war | |
zwar in allen Umfragen prophezeit worden. Und dass es für Müller und die | |
CDU noch nicht einmal mehr zusammen mit der FDP zum Weiterregieren in der | |
Saarbrücker Staatskanzlei reichen würde, auch. | |
Doch dass jetzt sogar SPD und Linke in der Addition ihrer Stimmenanteile | |
vor dem "bürgerlichen Lager" (Schreier) aus CDU und FDP liegen, war ein | |
Schock für die Christdemokraten an der Saar. Toskani wie Schreier verwiesen | |
allerdings darauf, dass die CDU weiterhin die stärkste Partei sei und darum | |
"den Verhandlungsauftrag zur Bildung einer regierungsfähigen Koalition" | |
bekommen werde. | |
Aber mit wem soll sie verhandeln? Gut, mit der FDP. Doch das reicht nicht | |
zum Regieren. Mit den Grünen? Das könnte schon reichen. | |
Mit der SPD? Müller jedenfalls reklamierte an diesem Wahlabend als Chef der | |
stärksten Fraktion den "Verhandlungsauftrag" für sich, obgleich ihm die | |
Saarländer doch zuvor das klare Signal gefunkt hätten: "Wir wollen dich | |
nicht mehr haben!", sagte Linksparteichef Rolf Linsler. Und Müller will | |
sich alle Verhandlungsoptionen offenhalten. Prioritäten gebe es dabei | |
nicht; Fraktionschef Schreier verwies allerdings auf die große inhaltliche | |
Übereinstimmung mit den Grünen beim Thema Ausstieg aus dem | |
Steinkohlebergbau. | |
Und was sagen die Grünen dazu? Erst einmal nichts. Man werde jetzt an der | |
Parteispitze in Klausur gehen und sich auch mit der Basis abstimmen, so | |
Generalsekretär Markus Tressel zur taz. Nach einer internen Umfrage bei den | |
Grünen ist etwa die Hälfte der Mitglieder für die Beteiligung an einer | |
Koalition mit SPD und Linken; die andere Hälfte ist dagegen und für | |
Jamaika. Parteichef Hubert Urich räumte am Abend ein, dass das Experiment, | |
die Koalitionsaussage offenzuhalten, gescheitert sei. | |
Der Landesverband der Bergbaubetroffenen jedenfalls trommelte schon vor | |
Auszählung der Stimmen für Jamaika. Die Grünen, hieß es, dürften auf gar | |
keinen Fall ihr Wahlversprechen brechen und mit der "Bergbaupartei Die | |
Linke" koalieren. | |
31 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
S. Reinecke | |
K.-P. Klingelschmitt | |
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