# taz.de -- Wahlen in Thüringen, Saarland und Sachsen: SPD jubelt über CDU | |
> Beide Volksparteien versuchen, sich an den Verlusten der anderen | |
> aufzurichten. Die CDU schweigt zu Schwarz-Gelb. Rot-rot-grüne Koalitionen | |
> sind möglich. | |
Bild: Auch wenn sich die SPD nur wenig verbessert hat, ist SPD-Kanzlerkandidat … | |
BERLIN taz | Um 18.33 Uhr trat Frank-Walter Steinmeier vor die Genossen im | |
Willy-Brandt-Haus und mit ihm sein Lächeln, das nicht mehr aufhören wollte. | |
Es war das Lächeln eines Kanzlerkandidaten, der in den letzten Monaten | |
Tiefschlag um Tiefschlag hat einstecken müssen und der sich freute, endlich | |
mal keine Niederlage kommentieren zu müssen. Dass seine Partei mittlerweile | |
kaum noch bei einer Wahl über 25 Prozent Wählerstimmen bekommt, schien | |
vergessen. | |
So zog die SPD ihren Jubel vor allem aus der Schadenfreude über die | |
Verluste des Konkurrenten. "Es ist ein guter Wahlsonntag", sagte | |
Steinmeier, "Schwarz-Gelb ist nicht gewollt in diesem Land". Auch die CDU | |
versuchte, sich an den Ergebnissen der Konkurrenz aufzurichten. Es war wie | |
so oft in den Jahren der großen Koalition, als beide Volksparteien Verluste | |
zu beklagen hatten. | |
"Die SPD ist die drittstärkste Partei in Thüringen, sie ist die | |
viertstärkste Partei in Sachsen", rechnete Generalsekretär Ronald Pofalla | |
vor. (Zu diesem Zeitpunkt lag die SPD in den Hochrechnungen in Sachsen | |
sogar noch hinter der FDP.) Trotz aller Verluste sei die CDU mithin "die | |
einzige Volkspartei in Deutschland". | |
Interessant war am Wahlabend vor allem, über welche Partei die | |
CDU-Spitzenleute schwiegen. Für die Koalition mit der FDP, die in Sachsen | |
zustande kommen wird, gab es zwar den einzigen Jubel der versammelten | |
Parteifreunde. | |
Über Schwarz-Gelb im Bund verloren die Parteioberen keine weiteren Worte. | |
Das Wahlergebnis sei der Beweis, "dass in einer bunten politischen | |
Landschaft die Führung bei der CDU liegt", sagte der parlamentarische | |
Geschäftsführer Norbert Röttgen. | |
Offiziell klammern sich die Christdemokraten an die Hoffnung, in den drei | |
Bundesländern doch noch regieren zu können, mit Hilfe ihrer drei | |
bundespolitischen Optionen: Schwarz-Gelb in Sachsen, große Koalition in | |
Thüringen, Jamaika mit den Grünen im Saarland. Entsprechende | |
Sondierungsgespräche durch die örtlichen Ministerpräsidenten kündigte | |
Generalsekretär Pofalla an. | |
Natürlich wissen auch die Christdemokraten, dass die Zeichen im Saarland | |
und in Thüringen eher auf Rot-Rot-Grün stehen. Sollte es dazu kommen, haben | |
sie immerhin ein Mobilisierungsthema für die Bundestagswahl. Es wird keine | |
klassische Rot-Rot-Kampagne, das machte Pofallas Wortwahl am Wahlabend | |
schon klar. "Stabilität" lautet stattdessen das Zauberwort, "keine | |
unsicheren politischen Experimente". Ob in die zweite Kategorie auch ein | |
mögliches Jamaika-Bündnis gehört, ließ er offen. | |
Auch die FDP litt unter dem Ausbleiben des schwarz-gelben Signals. Sie ist | |
zwar die Siegerin dieses Sonntags, doch mit ihrem Sieg kann sie nicht viel | |
anfangen. Die Parteianhänger, die sich in der FDP-Zentrale in Berlin | |
versammelten, sahen auf den aufgestellten Großleinwänden zwar, dass die | |
Blau-Gelben in allen drei Ländern deutlich zulegen konnten. | |
Doch nur in Sachsen reicht es für eine Koalition mit der CDU. Wie die FDP | |
ihre Situation nach den Landtagswahlen sieht, das lässt sich in zwei Worten | |
zusammenfassen: Jubel und vereinzelte "Scheiße"-Rufe. | |
Parteichef Guido Westerwelle machte eine halbe Stunde nach Schließung der | |
Wahllokale klar, welche Botschaft die kurze, heiße Wahlkampfphase bestimmen | |
soll: Schwarz-Gelb gegen das rote Chaos. "Wer nicht will, dass Sozialisten | |
und Kommunisten" wieder in Deutschland regierten, rief Westerwelle seinen | |
Anhängern zu, der müsse die FDP wählen. "Dieses Land muss von der Mitte aus | |
regiert werden." Das richtete sich vordergründig gegen die Wahlerfolge der | |
NPD. Kaum verhüllt aber steckte darin auch der Versuch Westerwelles, einen | |
Lagerwahlkampf zu starten. | |
Ein rot-rot-grünes Bündnis, so die Botschaft, lasse sich nur durch die | |
Mobilisierung der Stammwählerschaft von CDU und FDP verhindern. | |
Bei der SPD dagegen herrschte Einigkeit, die Genossen wollten vor allem den | |
Verlust der CDU als Erfolg aus dem Abend mitnehmen. "Ich bin sehr froh", | |
sagte Karin Evers-Meyer aus dem Schattenkabinett Frank-Walter Steinmeiers, | |
"das Ergebnis der CDU zeigt, dass wegtauchen nichts nützt". | |
Doch ob es die Sozialdemokraten wollen oder nicht: Die SPD hat seit diesem | |
Wahltag auch in Westdeutschland eine umstrittene Machtoption mehr: eine | |
Koalition zusammen mit der Linkspartei und den Grünen. Und dies ist | |
zumindest in den Ländern auch toleriert. "Die Landesverbände können das | |
frei entscheiden", sagte Peter Struck, der Vorsitzende der | |
Bundestagsfraktion. Auch Vertreter des rechten Seeheimer Kreises erheben | |
keinen Einspruch mehr: "Wir werden aus Berlin keine Empfehlungen abgeben", | |
sagte Johannes Kahrs. | |
Vor einer Kampagne der CDU gegen mögliche derartige Koalitionen fürchtet | |
sich Kahrs nicht: "Wer wie die CDU in Hamburg schon mit einem Rechten wie | |
Ronald Schill regiert hat, soll ruhig sein", sagte Kahrs. | |
31 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
R. Bollmann | |
M. Lohre | |
G. Repinski | |
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