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# taz.de -- Bodo Ramelow will regieren: Dunkelroter Sieger
> Der Chef der Thüringer Linken, Bodo Ramelow, ist im Wahlkampf zum
> stärksten Herausforderer des CDU-Ministerpräsidenten Dieter Althaus
> geworden. Jetzt will er in Thüringen an die Macht.
Bild: Hat es allen Kritikern gezeigt: Jetzt will Bodo Ramelow Ministerpräsiden…
Dass die Thüringer Landtagswahl gut für Bodo Ramelow ausgehen würde, war
vorher bereits klar. Dass der Spitzenkandidat der Linkspartei nun aber mit
27,4 Prozent rauskommt, dürfte alles ändern.
Der 53 Jahre alte Ramelow ist der stärkste Herausforderer von
CDU-Ministerpräsident Dieter Althaus. Der, soviel ist nun klar, muss um
sein Büro in der Erfurter Staatskanzlei nun bangen und sich einen neuen
Koalitionspartner suchen, will er es behalten.
Bodo Ramelow hatte vor der Wahl nicht klar Stellung bezogen, ob er selber
Ministerpräsident werden möchte. Jetzt, nach dem Erfolg der Linken in
Thüringen hat er seinen Anspruch auf das Amt bekräftigt. Das Ergebnis mache
deutlich, "dass wir die treibende Kraft für den Politikwechsel sind", sagte
Ramelow am Sonntag nach Bekanntgabe der ersten Prognosen in Erfurt.
Der "schwarze Filz" sei abgewählt worden. Den Prognosen von ARD und ZDF
zufolge könnten Linke, SPD und Grüne gemeinsam eine Regierung in Thüringen
bilden. SPD und Grüne lehnen es aber bislang ab, Ramelow zum
Ministerpräsidenten zu wählen.
Grünen-Chefin Claudia Roth machte die grundsätzliche Bereitschaft ihrer
Partei zu einem rot-rot-grünen Bündnis in Thüringen deutlich. "Das System
Althaus scheint dramatisch verloren zu haben", sagte sie nach den ersten
Prognosen. Schwarz-Gelb habe keine Mehrheit. Die Grünen seien bereit, "wenn
die Inhalte stimmen", Rot-Rot-Grün einzugehen. Das werde aber in Thüringen
entschieden. Roth lehnte es dabei erneut ab, Ramelow zum
Ministerpräsidenten zu wählen.
Dass die SPD mit ihren knapp 19 Prozent Koalitionspartner der CDU wird, ist
eher unwahrscheinlich. Die Zeichen stehen in Thüringen auf Wechsel, und
Spitzenkandidat Christoph Matschie könnte mit der Linken und den Grünen für
eben diesen sorgen. Dass er diese Chance ungenutzt verstreichen ließe, ist
nicht anzunehmen. Selbst die Berliner SPD-Spitze hat schon grünes Licht für
Rot-Rot auf Länderebene gegeben hat. Wäre da nicht das Problem Bodo
Ramelow.
Der nämlich hat Matschie im Wahlkampf oft brüskiert und immer mal wieder
klargestellt, im Falle einer rot-roten Koalition selbst neuer
Ministerpräsident werden zu wollen. "Wir sind der Koch, die SPD ist der
Kellner", ließ er sich zitieren, als es um die Frage ging, wer im Fall
einer rot-rot-grünen Mehrheit den MP machen soll. Kurz zuvor hatte er noch
gesagt, er brauche in einer neuen Regierung keinen Schreibtisch, was von
den Medien als Bereitschaft gewertet wurde, den Partnerpart zu übernehmen.
Diese uneindeutige Art zu kommunizieren, das großspurige Ankündigen und
Dementieren, das Taktieren und Provozieren, macht es nicht nur Christoph
Matschie schwer, sich zu Bodo Ramelow zu bekennen. Der stellvertretende
Linke-Fraktionsvorsitzende im Bundestag hat einen Hang zum Lautstarken,
Wohlmeinendere sehen darin auch eine Stärke. Er ist ein Mann für viele
Weltsichten: ein Ostler aus dem Westen, ein Linker, der Gottesdienste
besucht. Er kann kommunizieren und auch hart in der Sache sein, vor allem
wenn es um Rechtsradikalismus geht. Von dieser Sorte hat die Linkspartei
nicht viele.
1956 in Niedersachsen geboren und in Hessen aufgewachsen, macht er nach der
Schule eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und danach die
Fachhochschulreife in Marburg. Er arbeitet bei Karstadt und wird schnell
Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen. Als 1989 die Mauer fällt, schickt
ihn die HBV nach Thüringen. Es ist viel los in dieser Zeit, der Osten ein
großes Abenteuer für einen, der sich im Westen mit seinen
Gewerkschaftschefs über die Kleiderordnung bei Dienstbesprechungen streiten
muss.
Ramelow bleibt. Er düst durchs Land, schult Leute, kämpft für die
Arbeitnehmer gegen die Treuhand. Die Leute mögen einen wie ihn, einen
Furchtlosen und Parteiischen. Auch der PDS fällt der ossifizierte Westler
auf. 1999 tritt er in die Partei ein, 2001 wird er Chef der
Landtagsfraktion in Erfurt, 2004 holt er in Thüringen sagenhafte 26
Prozent.
Auch deshalb nimmt er diesmal den Mund voll: er will jetzt den Job. Und
wenn er den nicht haben kann, will er wenigstens dafür sorgen, dass Althaus
gehen muss. Dafür wird er auch zu Kompromissen bereit sein. Aber nur, wenn
es sein muss.
30 Aug 2009
## AUTOREN
A. Maier
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