# taz.de -- Parteienforscher über Chancen der Linken: "Die Kleckerländer kön… | |
> Für Oskar Lafontaine bieten sich Chancen aus den Resultaten der Wahl, | |
> sagt Parteienforscher Franz Walter. Schafft er neue rot-rote Bündnisse, | |
> ist eine Zusammenarbeit auf Bundesebene nicht mehr Tabuthema. | |
Bild: Nur in Sachsen hat es für eine schwarz-gelbe Koalition gereicht. André … | |
taz: Herr Walter, wie wichtig sind die Länderergebnisse für den | |
Bundestagswahlkampf? | |
Franz Walter: Man kann natürlich sagen, so groß sind Saarland und Thüringen | |
nicht. Aber was ja den Sozialdemokraten alles verhagelt hat, war die | |
Europawahl. Da haben sie gesagt: "Europa ist nicht gleich Bund." Und | |
trotzdem war ihr kleiner Aufwärtstrend der Monate davor gebrochen. Die | |
eigentliche Relevanz einer Wahl spielt weniger eine Rolle. Sondern die | |
Melodie, die dazu öffentlich gesungen wird. | |
Elefanten wie Merkel und Steinmeier schmücken sich mit Mäusen wie Tillich | |
und Maas? | |
Wir haben eine föderale Republik. Einer wie Stanislaw Tillich ist | |
vielleicht aus der Hauptstadtperspektive eine graue Maus, aber nicht in | |
Sachsen. Oder warum soll ein Ramelow langweiliger sein als Steinmeier? | |
Taugen Heiko Maas und Christoph Matschie zu Siegertypen ihrer gebeutelten | |
Partei? | |
Der Typus Maas und Matschie ist was Neues. Bei den Sozialdemokraten haben | |
ja 15, 20 Jahre lang die rempeligen und halbstarken Typen den Ton | |
angegeben. Nun gehen die Halbstarken so langsam und es wachsen welche nach, | |
die nicht so großschnäuzig daherkommen. | |
Sind sie nicht langweiliger als Gerhard Schröder? | |
Schröder, Müntefering, Struck - solche Typen spitzen zu und ändern auch mal | |
den Kurs. Das hat etwas Narzisstisches. Matschie oder Maas fällt es | |
schwerer, auf Volksheld zu machen. Aber in der Zurückhaltung, in diesem | |
Seriösen spiegelt sich eine spezifische Generation. Zweitens sind sie für | |
die komplizierten Bündnisse, die in Fünf-Parteien-Parlamenten nötig sind, | |
möglicherweise die Richtigen. | |
Verhindert die SPD noch lang einen Linke-Regierungschef? | |
In dem Moment, wo die Linkspartei in den Kabinetten sitzt, nutzen sich die | |
Tabus ab. Man merkt, die sind elastisch und nicht nur Dogmatiker. | |
Setzt Lafontaine darauf? | |
Ja. Er handelt nicht aus der Situation, sondern ist ein Stratege. Er denkt | |
von 2013 her, wenn wieder der Bundestag gewählt wird. Wenn es zwei neue | |
rot-rote Bündnisse im Saarland und in Thüringen gibt, hätten wir mit Berlin | |
insgesamt drei. Auch in Brandenburg deutet sich das sehr gewaltig an. Und | |
in Mecklenburg-Vorpommern könnte es wieder eins geben. Das wären fünf. Und | |
dann dreht sich die Republik langsam, aber stetig. | |
In der Provinz entscheidet sich, wer die Macht in Deutschland bekommt? | |
Genau. Aus den Kleckerländern, wie es die Hauptstadtjournalisten sehen | |
würden, konstelliert sich die Republik um. Wenn eine Reihe rot-rote | |
Regierungen es vernünftig machen, ist die Ausgangslage eine ganz andere. | |
Das ist Lafontaines Ziel. Merkel weg, Westerwelle weg und die Schröderianer | |
auch weg. Und das Wegkriegen hat er immer am besten hinbekommen. | |
Das heißt, ihm muss es wurscht sein, ob in Thüringen die SPD den | |
Regierungschef stellt. Hauptsache, die Linke regiert mit. | |
Genau. | |
Und die SPD bekommt Rückenwind? | |
Es könnte eine Chance sein. Aber sie könnte es auch in den Sand setzen. Es | |
muss schnell gehen. Sonst kommt der Clement an, sonst kommt der Dohnanyi | |
oder irgendein niedersächsischer Landesvorsitzender. Nur wenn SPD und Linke | |
schnell ein oder zwei Ministerpräsidenten zustande bringen, wäre das ein | |
Vorteil. | |
Für wen? | |
Für die SPD, aber am stärksten für die Linke. Sie wäre der Schlüssel, der | |
die SPD handlungsfähig gemacht hat. | |
Und wenn die SPD es nicht hinbekommt? | |
Dann hat sie ein Desaster, das sich gewaschen hat. | |
30 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Georg Löwisch | |
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