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# taz.de -- Kommentar China auf der Buchmesse: Repression und Solidarität
> Auf der Frankfurter Buchmesse ist Chinas Regierung Ehrengast. Wichtige
> und kritische Autoren werden jedoch ausgesperrt.
Bild: Aus der Haft entlassen, aber nicht zurück in einem irgendwie normalen Le…
Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse: Pekings Regierung, Verleger und
Schriftsteller haben die Einladung mit Freuden angenommen. Sie wollen in
Frankfurt nicht nur die Gelegenheit nutzen, auf dem internationalen
Buchmarkt Fuß zu fassen, sie wollen der Welt auch etwas vom großen Reichtum
und von der enormen Vielfalt der chinesischen Kultur zeigen und sich
gleichzeitig als Softpower präsentieren.
Doch derzeit tun Chinas Funktionäre alles, um das eigene Konzept zu
durchkreuzen. Jüngstes Beispiel: Die Staatssicherheit will den
Schriftsteller Liao Yiwu nicht nach Deutschland fahren lassen, wo er sein
Buch "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser - Chinas Gesellschaft von unten"
vorstellen wollte. Hinter dem Reiseverbot steckt offenbar die verquere
Idee, sein Auftritt könne dem Image Chinas im Ausland schaden. Dass ihre
rigide Haltung schlimmere Folgen für das Ansehen des Landes haben könnte,
kommt den Behörden nicht in den Sinn.
Liao hat sich einen Namen damit gemacht, Lebensgeschichten seiner
Landsleute aufzuzeichnen. In China sind seine Bücher verboten, weil er die
Tabus der offiziellen Geschichtsschreibung ignoriert. Das passt der
Regierung gerade in diesen Zeiten nicht: Kurz vor dem 60. Jahrestag der
Gründung der Volksrepublik am 1. Oktober ist sie besonders nervös. Es
sollen große Errungenschaften der KP und des Volkes gefeiert werden, von
einer echten Diskussion über die Vergangenheit will man nichts wissen.
Das Verhalten der Funktionäre ist beklagenswert, aber es gibt noch einen
weiteren, bitteren Aspekt: Chinas Schriftsteller sind nicht solidarisch.
Jeder kämpft für sich allein, wie viele von ihnen selbstkritisch einräumen.
Vom offiziellen Schriftstellerverband ist keine Hilfe zu erwarten, er steht
auf der Seite der Mächtigen. Wer Kompromisse schließt und sich anpasst,
wird belohnt. Wer hingegen diese Haltung kritisiert, riskiert den Vorwurf,
er sei "unpatriotisch".
Was aber wäre, wenn sich die über hundert namhaften Kollegen Liaos, die in
diesen Tagen nach Frankfurt fahren, doch solidarisch zeigten? Wenn sie eine
entsprechende Erklärung unterschrieben, sich gar weigerten, ins Flugzeug zu
steigen, bis auch Liao eine Ausreisegenehmigung erhält?
Für das Image Chinas in der Welt wäre dies großartig, für das Image seiner
Schriftsteller erst recht.
25 Sep 2009
## AUTOREN
Jutta Lietsch
Jutta Lietsch
## TAGS
Belarus
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