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# taz.de -- Asterix-Übersetzerin Penndorf: "Die spinnen, die Römer!"
> Asterix wird 50. Keiner hat sich so intensiv mit ihm beschäftigt wie
> Gudrun Penndorf. Sie hat Namen wie Verleihnix und Grautvornix geschaffen
> – und ihre Übersetzungen sind längst geflügelte Worte
Bild: "Meine Lieblingsfigur? Obelix natürlich. Er ist so schlau!"
taz: Frau Penndorf, wie feiern Sie Asterix' 50. Geburtstag?
Gudrun Penndorf: Ich bin von einer der Pariser Universitäten eingeladen,
dort am Freitag einen Vortrag zu halten. Da wird zwei Tage lang mit
kompetenten Asterix-Kennern aus aller Welt ein Symposion veranstaltet und
sicher auch herrlich gefeiert. Ich freue mich auch sehr auf das Wiedersehen
mit der englischen Übersetzerin Anthea Bell.
Können Sie sich noch an Ihre erste Begegnung mit Asterix und Obelix
erinnern?
Ja, sehr wohl. Eine damals in München lebende französische Freundin zeigte
mir den ersten Asterix-Band und meinte: Das ist zum Totlachen. Für mich war
es zwar nicht die erste Begegnung mit Comics - ich hatte bereits für den
Ehapa Verlag Walt-Disney-Comics übersetzt -, aber das hier schien mir mehr
Tiefgang zu haben. Dass man mir dann die Übersetzung antragen würde, ahnte
ich an diesem Winternachmittag noch nicht.
Vor Ihnen hat Ralf Kauka aus Asterix und Obelix "Siggi und Babarras"
gemacht. Heute hat Asterix in Deutschland die höchsten Auflagenzahlen. Wie
haben Sie das geschafft?
Rolf Kauka hatte als erster deutscher Verlag die Lizenz für Asterix
bekommen. Als stockreaktionärer, deutschnationaler Zeitgenosse hatte er
nichts Besseres im Sinn, als die Geschichte auf diese Schiene umzumünzen,
aus Asterix wurde Siggi, der Germanenheld, als Obelix Babarras und so fort.
Die spinnen, die Deutschen, muss sich der französische Verlag gesagt haben,
entzog Kauka die Lizenz und prüfte fürderhin jegliche Übersetzung nach. Ja,
es heißt, die deutschen Bände haben weltweit nach Frankreich die höchsten
Auflagezahlen. Ich denke, das hat viele Gründe: die wunderbare französische
Vorlage, in Text und Bild, die notwendige verlegerische Promotion und wohl
auch der bis heute nahezu unveränderte deutsche Text.
Auch die legendäre Donald-Duck-Übersetzerin Erika Fuchs arbeitete damals
für den Ehapa Verlag. In welchem Verhältnis standen Sie zu ihr?
Der Verlag bat mich, mit ihr Kontakt aufzunehmen, als ich mit der
Übersetzung der sogenannten Lustigen Taschenbücher begann. Sie hat mir die
ersten Manuskripte redigiert und viele gute Tipps zur Sprechsprache
gegeben.
"Die spinnen, die Römer" stammt aus Ihrer Feder und ist heute zu einem
geflügelten Ausdruck geworden. Wie lange haben Sie daran herumgefeilt?
Da kommen zwei Dinge zusammen. Zuerst war die Phrase "Ils sont fous, ces
Romains", die im ersten Band noch gar nicht auftaucht, von der
Verlagsredaktion für den Vorabdruck in der Comiczeitschrift MV Comics mit
"Uuii, die Römer sind doof" übersetzt worden. Damit war schon mal die
expressive Rechtsversetzung, das nachgeklapperte "die Römer", gekillt. Das
müsste unbedingt zu retten sein, dachte ich mir. Dann überlegt man sich,
was kann man noch sagen für "être fou" außer "verrückt" oder "doof", und
irgendwann macht's dann klick! Und es hieß "Die spinnen, die Ägypter, die
Römer, die Berliner".
Aus Abraracourcix wurde Majestix, Miraculix heißt im Französischen
Panoramix. Wie sind Sie auf die Namen gekommen?
Diese Namen wurden in der damaligen Redaktion kreiert. Die Namen der
Protagonisten Asterix, Obelix und Idefix durften nicht verändert werden.
Und so war der deutsche Verlag auch am Anfang sehr darauf bedacht, die
Originalnamen beizubehalten. Erst bei Band 8, den Briten, gelang es mir,
den Verlag zu überzeugen, die Chance, die Namen deutsch neu zu erschaffen,
nicht zu verschenken!
Ihr skurrilstes Erlebnis während Ihrer Asterix-Zeit?
In "Asterix und die Normannen" gibt es diesen jungen Mann Goudurix -
Geschmack am Risiko -, der die Normannen das Fürchten lehren soll. Kaum
hatte ich den Grautvornix genannt, da fuhr ich eines Tages hinter einer
schrottreifen Ente her, die hinten die Aufschrift Grautvornix trug. Ich
wäre fast draufgefahren vor Freude.
Hat Sie der gallische Machismo manchmal gestört?
Mit den Bardamen in Maestria war die Welt wieder halbwegs in Ordnung!
Sie haben auch Lucky Luke ins Deutsche übersetzt. Muss man da anders
vorgehen als bei der Übersetzung eines Asterix?
Ja, hier lagen keine solche Fülle von Wortspielen vor wie in Asterix. Aber
die Sprache war sehr schön, kultiviert und schwer zu übersetzen.
Bekommen die Figuren einen anderen Charme durch die Übersetzungen?
Schwer zu sagen. Eigentlich sollten die Personen ihre vorgegebene Identität
nicht verlieren. Den Fischhändler, der französisch "Ordralfabétix", also
"in alphabetischer Ordnung" heißt, habe ich nach seiner Charakteristik
"Verleihnix" genannt. Das soll aber nicht heißen, dass dies die einzige Art
und Weise war, so vorzugehen. Die französischen Namen bestehen mal aus
einzelnen Wörtern, mal aus Wortkombinationen, mal aus ganzen Sätzen. Das
habe ich dann ähnlich nachvollzogen, wie in beispielsweise
Schlagdraufundschlus, Nixalsverdrus, Hintenrum, Seisdrum, Mordstrum,
Macteefürzweifix, Strammermax, Ganzbaf, Bratensos. Gerade dadurch, dass es
fast nie um die Charakterisierung der Person ging, kamen einem die Ideen
umso leichter.
Auf welches Heft sind Sie besonders stolz?
Oje! Stolz ist der falsche Ausdruck. Eltern, die auf ihre Kinder stolz
sind, kommen mir immer verdächtig vor. Ich schwanke zwischen Kleopatra und
den Briten, aber auch die Normannen sind einmalig. Und die Tour de Gaule!
Ein Traum! Und und und? Am meisten gefiel mir fast immer der Band, den ich
gerade übersetzt habe.
War es schwierig, die versteckten Anspielungen in die deutsche Kultur zu
übersetzen?
Meinen Sie das Hakenkreuz in den Flüchen der Goten? Um keinen Unmut
aufkommen zu lassen, hat der deutsche Verlag dieses in anderem Zusammenhang
ja ganz harmlose Symbol einfach aus der Folie herauskratzen lassen. Die
Pickelhauben als zeichnerische Anspielung finde ich ganz gelungen. Wer
genau schaut, findet auch Bismarck und Hitler porträtiert.
Sie haben sich 1992 vom Ehapa Verlag getrennt, weil Sie sich dagegen
gewehrt haben, nicht von der weiteren Verwendung Ihrer Übersetzung bei den
Dialekt-Ausgaben zu profitieren. War es traurig, Asterix und Obelix in die
Hände eines anderen Übersetzers zu geben?
Die Angelegenheit wurde mit einem Vergleich beendet. Aber ich denke, der
zwölf Jahre währende Kampf hat schon einen Fortschritt in Richtung
Urheberrechtswahrung für die Übersetzer gebracht. Traurig, dass dieser
Abschnitt zu Ende war? Ja schon, aber 29 gesunde eheliche Kinder sind doch
auch ein Grund zur Freude, oder?
Die letzten Bände hat Klaus Jöken übersetzt. Gehen Männer anders mit
Comicfiguren um als Frauen?
Traditionell lesen mehr Männer als Frauen Comics. Ich glaube, ich bin die
einzige Frau in Deutschland, die ein eigenes Comicarchiv hat. Zu dem Thema
kann ich auch eine Geschichte erzählen, die ich selbst miterlebt habe. Auf
einer Comicmesse habe ich ein Pärchen beobachtet, Mitte dreißig, gut
gekleidet. Er nimmt ein Heft in die Hand, blättert es durch. Sie: "Aber so
ein Ähnliches hast du doch schon!" Das bringt doch alles auf den Punkt.
Manche Kollegen mögen Asterix nicht mehr, seit sie eine lateinische oder
bayerische Ausgabe geschenkt bekommen haben. Schauen Sie auch manchmal in
eine der Asterix-Dialekt-Ausgaben rein?
Ja, ganz gern. Aber wenn ich dann in der bayrischen Ausgabe lese, dass der
Druide plötzlich mit der silbernen statt der goldenen Sichel die Misteln
schneidet, dann frage ich mich schon, ob das ernst gemeint ist. Oder wenn
Obelix als waschechter Gallier in fließendem Latein immer "super" sagt,
dann finde ich das nicht lustig. Pardon!
Im neuesten Band "Asterix und Obelix feiern Geburtstag" trägt Obelix
Hiphop-Kleidung, Asterix wird als seniler Großvater dargestellt. Haben Sie
sich da gedacht: Der spinnt, der Uderzo?
Dazu kann ich nichts sagen, weil ich den Band noch nicht gelesen habe.
Die zwei Gallier sind mit Ihrem Erfinder Uderzo alt geworden. Sollte man
sie langsam in den Ruhestand entlassen, oder ist es dafür eh schon zu spät?
Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Ist Asterix jetzt noch ein Bestandteil Ihres Lebens?
Nein, aber ich kenne Leute, die nannten ihren Hund Asterix! Ist nicht so
mein Fall. Ich freue mich allerdings immer, wenn Kinder mir ihre
Zeichnungen schicken oder wenn ich höre, dass sie mit Asterix lesen gelernt
haben!
Welche der Figuren ist Ihnen am meisten ans Herz gewachsen?
Obelix natürlich! Er ist so schlau, das merkt man manchmal erst auf den
zweiten Blick.
29 Oct 2009
## AUTOREN
Franziska Langhammer
## TAGS
Normandie
Comic
Comic
Obelix
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