# taz.de -- Ärger im Sumo-Sport: Ran an den Speck | |
> Der ehemalige Großmeister Takanohana will den japanischen Nationalsport | |
> reformieren und Altfunktionären die Privilegien streitig machen. | |
Bild: Mongolischer Kraftprotz: Sumo-Supermann Asashoryu. | |
TOKIO taz | Während seiner aktiven Sumozeit wurde der ehemalige Großmeister | |
Takanohana nur selten zu Boden gezwungen. Doch den schwersten Kampf seines | |
Lebens führt der Vorzeigesportler jetzt als Pensionär. Denn diesmal ringt | |
Takanohana gleich mit dem ganzen Sumo-Establishment. Der 37-Jährige hat | |
seine Kandidatur für den Vorstand des Sumoverbands angekündigt und verlangt | |
drastische Reformen, darunter die Kürzung fetter Managerboni, eine | |
Gehaltserhöhung für die Sumofriseure, Ansager und Ringrichter sowie die | |
Offenlegung von Einnahmen und Ausgaben. Außerdem will Takanohana das | |
Sumoringen an Grund- und Mittelschulen einführen, um mehr Nachwuchs zu | |
gewinnen. | |
Sein Vorbild ist Premierminister Yukio Hatoyama, der letzten Sommer mit dem | |
Ruf nach Transparenz und Veränderung die Dauerherrschaft der | |
Liberaldemokraten in Japan beenden konnte. Doch im Sumo ist Demokratie | |
bisher ein Fremdwort - dort zählen Hackordnung und Disziplin. Seit 1968 | |
wurde der Vorstand nur dreimal gewählt. Lieber verteilen die fünf großen | |
Funktionärsgruppen die Posten im Hinterzimmer. Während ein | |
Vorstandsmitglied umgerechnet zwischen anderthalb und acht Millionen Euro | |
jährlich einstreicht, muss das Fußvolk mit 1.600 Euro monatlich auskommen. | |
Die etablierte Sumowelt reagiert verärgert, weil der frühere Großmeister | |
mit seinem Gang an die Öffentlichkeit ein Tabu gebrochen hat. "Ich habe nie | |
einen so kompromisslosen Ringkämpfer erlebt wie Takanohana", meint der | |
Sumokommentator Kunihiro Sugiyama. "Aber so, wie er jetzt handelt, geht es | |
nicht." Seine eigene Nishonoseki-Gruppe musste der Rebell zusammen mit | |
sechs Gesinnungsfreunden schon verlassen. "Er ist nicht einmal zu unseren | |
Treffen gekommen", beschwerte sich ein Stallmeister der Gruppe. | |
Die Rufe nach Veränderung sind in erster Linie eine Reaktion auf das | |
nachlassende Interesse am Sumo, seitdem ausländische Ringer dominieren. | |
Takanohana und sein Bruder Wakanohana hatten Sumo in den Neunzigerjahren in | |
Japan wieder populär gemacht. Doch seit 1999 wurde kein Japaner mehr zum | |
Yokozuna, dem Großmeisterrang im Sumo, befördert. | |
Der letzte Turniersieg eines Japaners liegt vier Jahre zurück. Die | |
derzeitigen Yokozuna Asashoryu und Hakuho sind beide Mongolen und haben das | |
Sumo mit zusammen 38 Turniersiegen fest im Griff. Die Beschränkung auf | |
einen Ausländer je Ringstall hat den japanischen Kämpfern nichts genützt. | |
Zudem haben Skandale die Beliebtheit des Sumo geschwächt. Laut Sumoverband | |
setzen 90 Prozent der Ställe Gewalt gegen Jungringer zur Abhärtung ein. | |
2007 starb ein 17-jähriger Sumoschüler, nachdem er mit Bierflaschen und | |
einem Baseballschläger verprügelt wurde. Letztes Jahr wurden zwei Ringer | |
wegen Haschischbesitz verurteilt. Dazu kommt das Dauergerücht über | |
manipulierte Kämpfe. | |
Bei der Wahl am kommenden Montag schlägt die Stunde der Wahrheit: Für die | |
zehn Vorstandsposten gibt es elf Bewerber. "Es wird sehr hart werden", | |
räumt Takanohana ein. Geschichte hat er schon jetzt geschrieben: "Solchen | |
Wagemut hat es in Sumokreisen noch nie gegeben", meinte ein Ringerveteran. | |
29 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
Martin Fritz | |
## TAGS | |
Japan | |
Japan | |
Japan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Legendärer Sumo-Großmeister hört auf: Sogar größer als Federer | |
Niemand hat Japans Nationalsport so dominiert wie Sumo-Großmeister Hakuho. | |
Doch aus gesundheitlichen Gründen muss der gebürtige Mongole zurücktreten. | |
Japanologin über Sumo-Krise: „Es gibt kaum starke Japaner“ | |
Osunaarashi ist der erste Afrikaner im professionellen Sumo. Verena Hopp | |
sieht in der Internationalisierung eine Chance für den Sport. | |
Sumo-Ringen in der Krise: Nackte Pobacken vor dem Aussterben | |
Japans Traditionssport fehlen die Idole. Dem Sumo-Nachwuchs fehlt die | |
Perspektive und das Image ist durch Wett- und Gewaltskandale ruiniert. |