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# taz.de -- Jobcenter-Reform: Opposition begrüßt Kochs Revolte
> Der hessische Ministerpräsident Koch hat in einem Brief die Reform der
> Jobcenter bei der Arbeitsministerin verlangt. Von der Leyen zeigt sich
> nun für eine Grundgesetzänderung offen.
Bild: Koch verlangt von der Arbeitsministerin, mit der SPD über eine Verfassun…
BERLIN taz | Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) war am
Mittwoch der Held der rot-grünen Opposition. "Endlich lässt sich Herr Koch
nicht mehr parteipolitisch gängeln", freute sich die arbeitsmarktpolitische
Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Anette Kramme. "Grüne unterstützen
Kochs Revolte bei den Jobcentern", erklärte fast gleichlautend die grüne
Kollegin Brigitte Pothmer.
Auslöser des Jubels war ein Brief, den Koch am Dienstag an
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) geschickt hatte. Darin
verlangte der Ministerpräsident, von der Leyen solle ihren Gesetzentwurf
zur Reform der Jobcenter stoppen und stattdessen mit der SPD über eine
Verfassungsänderung verhandeln. "Von einer einfachen und transparenten
Lösung ist man damit weit entfernt", urteilte der Wiesbadener
Regierungschef über die Pläne der Ministerin. Nur weil sie "aus politischen
Gründen die Grundgesetzänderung vermeiden" wolle, schaffe sie "nicht
zukunftsfähige Organisationsstrukturen".
Die SPD forderte von der Leyen umgehend auf, den im Vorjahr ausgehandelten
Entwurf einer Verfassungsänderung erneut einzubringen. "Das ist ein
erstklassiges, in jeder Hinsicht abgewogenes Modell", sagte der
stellvertretende Partei- und Fraktionsvorsitzende Olaf Scholz der taz. Der
damalige Arbeitsminister hatte die Regelung gemeinsam mit dem
nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU)
erarbeitet.
Der Kompromiss fand die Zustimmung aller Bundesländer, wurde aber von der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion wegen verfassungspolitischer Bedenken gestoppt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Scholz und Rüttgers mit dem
Verhandlungsmandat ausgestattet hatte, ließ die Fraktion zum Ärger der
Ministerpräsidenten gewähren.
Die Neuregelung war durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nötig
geworden, wonach die gemeinsame Zuständigkeit von Bund und Kommunen mit dem
Grundgesetz in seiner jetzigen Fassung nicht vereinbar ist. Die Zeit
drängt, weil die alte Regelung nach dem Richterspruch Ende 2010 ausläuft.
Ohne Verfassungsänderung wäre die Arbeitsagentur künftig für Jobvermittlung
und Grundsicherung zuständig, die Kommunen hingegen für die Warmmiete und
andere Leistungen.
Nach einem internen Gutachten der Bundesregierung könnten ohne
Verfassungsänderung allerdings auch die von Unionspolitikern wie Koch
propagierten Optionskommunen wackeln, die in eigener Regie die Arbeitslosen
betreuen. "Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine
Entfristung/Ausweitung des kommunalen Optionsmodells mit
verfassungsrechtlichen Risiken behaftet ist", heißt es darin.
Von der Leyen trifft am Sonntag in Berlin die Ministerpräsidenten der
Union, um über einen Ausweg aus dem Konflikt zu beraten. In einer ersten
Reaktion zeigte sie sich kompromissbereit. "Ich bin auch für eine
Grundgesetzänderung offen", sagte sie. Eine solche Lösung müsse aber "in
kürzester Zeit realisierbar sein". In der Unionsfraktion wurde eine
Verfassungsänderung jedoch auch am Mittwoch weiter abgelehnt.
4 Feb 2010
## AUTOREN
Ralph Bollmann
## TAGS
Bundesverfassungsgericht
Hartz IV
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