# taz.de -- Krise auf der Schiene: Die ausgequetschte S-Bahn | |
> Senat, Opposition und Verkehrsverbund kritisieren, dass die Deutsche Bahn | |
> die wahren Ursachen für das S-Bahn-Chaos bei ihrem Tochterunternehmen | |
> verschleiere. | |
Bild: Das Chaos bei der S-Bahn sorgt weiter für heftige Diskussionen. | |
Der Senat ist unzufrieden damit, wie die Bahn die Ursachen für das | |
S-Bahn-Chaos aufklärt. "Ich halte den Bericht der Bahn für nicht | |
ausreichend", sagte Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) am | |
Dienstag. In dem Bericht werden die technischen Probleme der S-Bahn | |
ausführlich erläutert, die Verantwortung dafür wird auf das Management der | |
S-Bahn Berlin GmbH und auf den Fahrzeughersteller Bombardier geschoben. Die | |
Bahn AG, der Mutterkonzern der S-Bahn, habe dagegen von Problemen nichts | |
gewusst und sie auch nicht verursacht. | |
Junge-Reyer sagte, wichtiger als technische Fehler sei für sie die Frage | |
der Verantwortung, die von der Bahn selbst nur unzureichend beleuchtet | |
werde. "Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft die richtigen Fragen | |
stellt", sagte sie. Man müsse sich schon fragen, warum Kontrollen und | |
andere Maßnahmen offenbar nie gewirkt hätten. | |
Brandenburgs Verkehrsstaatssekretär Jörg Vogelsänger sagte, bei dem Konzern | |
sei offenbar an der falschen Stelle gespart worden. "Wir erwarten von der | |
Bahn, dass sie alle Anstrengungen unternimmt, um zu einer vertragsgerechten | |
Leistung zurückzukehren. Zehntausende Brandenburger Pendler sind dringend | |
hierauf angewiesen." | |
Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) kritisierte, die Bahn müsse | |
blind gewesen sein, wenn sie den Abwärtstrend bei der S-Bahn übersehen | |
habe. "Wir haben regelmäßig auf die sich abzeichnenden Probleme | |
hingewiesen", so Geschäftsführer Hans-Werner Franz, aber "leider wurden | |
diese Hinweise nicht ernst genommen". Die eigentliche Ursache für das | |
S-Bahn-Desaster liege in einer Fehlsteuerung des Bahn-Konzerns und den | |
überzogenen Renditeerwartungen. | |
Der CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friederici erklärte, der Bericht der Bahn | |
"bleibt leider jede Antwort schuldig, wie nachhaltig die zur | |
Krisenbewältigung ergriffenen Maßnahmen sind". Der Senat müsse "endlich in | |
Nachverhandlungen über den Verkehrsvertrag zu treten, um verbindliche | |
Regelungen zur Einhaltung der Sicherheitsstandards und der vollständigen | |
Vertragserfüllung zu erreichen". | |
Die Grünen-Verkehrspolitikerin Claudia Hämmerling kritisierte: "Mit diesem | |
Nebelkerzen-Bericht haben die Bahnmanager das allerletzte Vertrauen | |
verspielt." Bahn-Vorstandsmitglied Ulrich Homburg stehe nicht zu seiner | |
eigenen Verantwortung, stattdessen schicke er "ein paar Bauernopfer in die | |
Wüste und genießt weiter seine Managerprivilegien". | |
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer kritisierte, der Senat habe es | |
"als Auftraggeber völlig versäumt, wirksame Mechanismen zur Kontrolle der | |
vereinbarten Sicherheits- und Leistungsstandards zu implementieren". | |
24 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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