# taz.de -- Betriebsratschef über Bahn-Chefs: "Schallende Ohrfeige für uns" | |
> Betriebsratschef Heiner Wegner ist empört über die Aussagen der Bahnchefs | |
> zum Chaos: Der Konzern sei frühzeitig über alle Mängel informiert worden | |
> - jetzt will er keine Ahnung gehabt haben. | |
Bild: S-Bahn-Betriebsratschef Heiner Wegner | |
taz: Herr Wegner, am Dienstag hat die Deutsche Bahn bekannt gegeben, dass | |
die S-Bahn alleine für ihr Chaos verantwortlich sei. Auch der Aufsichtsrat | |
der S-Bahn wurde entlastet. Was halten Sie davon? | |
Heiner Wegner: Für mich war das eine schallende Ohrfeige, da wir den | |
Aufsichtsrat der S-Bahn und die Deutsche Bahn über die Missstände | |
informiert haben - lange im Vorfeld des Desasters. | |
Wem haben Sie was gesagt? | |
Ich habe mehrmals mit den Geschäftsführern von DB Stadtverkehr, Hermann von | |
der Schulenburg, Wilfried Geitz und Wolfgang Heinrichs, gesprochen. Die | |
drei Männer waren damals auch im Aufsichtsrat der S-Bahn. Es gab Gespräche | |
mit dem Vorstand von DB Personenverkehr, Karl-Friedrich Rausch. Schließlich | |
gab es im Sommer 2008 auch ein Gespräch mit dem DB Vorstand für Finanzen, | |
Diethelm Sack. | |
Worüber haben Sie gesprochen? | |
Wir haben allen gesagt, dass seit 2003 katastrophale Zustände herrschen. Es | |
wurde so viel Personal abgebaut, dass wir die Züge nicht mehr wöchentlich | |
warten konnten. Sie wurden manchmal nur alle 21 Tage untersucht. In die | |
Instandhaltung wurden sie nur noch halb so oft geschickt wie vorgesehen. | |
Das hat die S-Bahn alles missachtet - und das wussten Aufsichtsrat und | |
Konzern. | |
Wie reagierten sie? | |
Mit Unverständnis. Diethelm Sack sagte mir zu, dass er alles prüfen lassen | |
und mich informieren werde. Karl-Friedrich Rausch bot den | |
Arbeitnehmervertretern Gespräche an. Auf beides warten wir heute noch. Von | |
der Schulenburg drohte mir im Herbst 2008 mit arbeitsrechtlichen | |
Konsequenzen. | |
Es wurde auch gesagt, der Betriebsrat habe nur unkonkret auf Missstände | |
hingewiesen. | |
Dem Mann hätte eine Nase wachsen müssen und er hätte nach vorne fallen | |
müssen. Wir haben alle Mittel und Möglichkeiten genutzt, um Aufsichtsrat | |
und Konzernleitung zu informieren. | |
Sie sagen, dass das, was am Dienstag von der Bahn-Chefetage gesagt wurde, | |
falsch ist. Was machen Sie jetzt? | |
Wir werden die Mitarbeiter über unsere Sicht der Dinge informieren. Ich | |
hoffe, dass es bei der Deutschen Bahn auch ernsthafte personelle | |
Konsequenzen gibt - sonst können wir bald keinen Blumentopf mehr verdienen | |
- und dass der Bund aufhört, einen Börsengang anzustreben. | |
INTERVIEW: LALON SANDER | |
25 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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