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# taz.de -- Kommentar Suizid in Abschiebehaft: Tod eines Flüchtlings
> Hamburgs CDU-Innensenator will keine minderjährigen Flüchtlinge mehr in
> Abschiebehaft nehmen lassen. Immerhin. Noch besser wäre es, den deutschen
> Umgang mit Flüchtlingen insgesamt zu überdenken.
Bild: Verschlossene Türen. Hier zu sehen die JVA Adelsheim.
Aus Georgien kam David M. nach Deutschland, weil er sich hier ein besseres
Leben erhoffte. In Hamburg gab er sich als 17-jährig aus, weil er sich
davon Vorteile versprach; dabei dürfte er eher 25 Jahre alt gewesen sein.
Zuvor soll er sich schon, wie sich jetzt herausstellt, in der Schweiz und
Polen erfolglos um Asyl bemüht haben.
Für ausländerpolitische Hardliner erfüllt David B. damit alle Kriterien,
die jemanden zu einem "Asylbetrüger" machen. Doch er war offenbar auch ein
Mensch, der tief verzweifelt war. Diese Verzweiflung trieb ihn in einen
Hungerstreik, und am Ende kostete sie ihm das Leben. Denn David M. erhängte
sich am vergangenen Sonntag in der Haftanstalt. In Hamburg hat sein Tod
eine Debatte darüber angefacht, wie mit Flüchtlingen im Stadtstaat
umgegangen wird. Tatsächlich ist der Tod des David M. ein Skandal, befand
sich der Asylbewerber zum Zeitpunkt seines Suizids doch in staatlicher
Obhut. So etwas darf einfach nicht passieren - offensichtlich haben die
Behörden geschlampt.
Bis gestern ging man noch davon aus, dass es sich bei David M. um einen
Minderjährigen handelte. Deshalb drehte sich die Debatte in Hamburg bislang
vor allem um jugendliche Flüchtlinge. Und auch wenn David M. offenbar schon
volljährig war - diese Debatte ist wichtig. Denn Jugendliche gehören nicht
in Abschiebehaft, sondern in die Obhut eines Jugendamts. So verlangt es die
UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland zwar unterzeichnet hat, die es
aber bislang mit einem sogenannten Vorbehalt für junge Flüchtlinge
einschränkt.
Nach hiesigem Recht gelten Flüchtlinge ab 16 für "verfahrensfähig". Sie
müssen ihre ausländerrechtlichen Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen,
haben keinen Anspruch auf eine gesonderte Unterbringung für Jugendliche und
können in Abschiebehaft genommen werden. Bei Flüchtlingen hört in
Deutschland der Kinder- und Jugendschutz auf.
Bislang haben sich die Innenminister der unionsregierten Länder in
flüchtlingspolitischen Fragen noch jeder Lockerung in den Weg gestellt.
Doch im schwarz-grünen Hamburg hat nun - durch den Tod von David M. - ein
Umdenken begonnen. So will der CDU-Innensenator keine minderjährigen
Flüchtlinge mehr in Abschiebehaft nehmen lassen. Immerhin. Noch besser wäre
es allerdings, den deutschen Umgang mit Flüchtlingen insgesamt zu
überdenken.
11 Mar 2010
## AUTOREN
Daniel Bax
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