# taz.de -- Die CDU und die Atomkraft: Der Protest erreicht die Konservativen | |
> "Wir müssen eine Zukunft ohne Kernenergie erfinden", sagt der | |
> saaländische Ministerpräsident Peter Müller. Längst sind nicht mehr alle | |
> Konservativen für Atomkraft. | |
Bild: Peter Müller beim Treffen der französischen konservativen Partei UMP. | |
"Wir haben die Kernenergie als ,Brückentechnologie' definiert und | |
festgehalten, dass die Brücke endet, wenn die erneuerbaren Energien | |
verlässlich die Kernenergie ersetzen." Dieser Satz stammt nicht von Sigmar | |
Gabriel (SPD), auch nicht von Jürgen Trittin (Grüne), sondern von deren | |
Nachfolger im Amt des Umweltministers: Norbert Röttgen (CDU) hat klar | |
gemacht, dass die "Kernenergie" in jenem Maße zurückgehen werde, "in dem | |
die Erneuerbare sich aufbauen". | |
Röttgen steht mit dieser Meinung in seiner Partei nicht allein da. | |
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht etwa stimmte Röttgen | |
"voll und ganz zu". Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) | |
erklärte: "Wir müssen eine Zukunft ohne Kernenergie erfinden." | |
Natürlich musste Röttgen für die "Brückentechnologie" viel Kritik | |
einstecken: So erklärten die CDU-Umweltministerinnen der Atomstandorte | |
Hessen und Baden-Württemberg, Silke Lautenschläger und Tanja Gönner, eilig: | |
Atomkraft sei in Deutschland "über das Jahr 2022 hinaus" unverzichtbar. | |
Aber der Streit innerhalb der Union zeigt, dass der Anti-Atom-Protest | |
längst Spuren im bürgerlichen Lager hinterlassen hat: Die Atomtechnik ist | |
nicht einmal mehr hier unumstritten. | |
Natürlich werden Jürgen Trittin und Sigmar Gabriel sich an diesem | |
Wochenende in die Menschenkette einreihen: Seht her, wir sind bereit für | |
Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen - und wir werden im Falle der | |
Regierungsübernahme den Atomkonsens verteidigen. Zwei Wochen vor der | |
Landtagswahl in NRW ist der Ausgang völlig offen. In der jüngsten | |
Forsa-Umfrage fielen die Grünen um 2 Prozentpunkte auf 9 Prozent zurück. | |
Die derzeitigen Koalitionsparteien CDU (38 Prozent) und FDP (8 Prozent) | |
kamen in der Umfrage zusammen auf 46 Prozent und liegen demnach vor SPD (34 | |
Prozent) und Grünen, die 43 Prozent erreichen. | |
Würde Rüttgers Koalition mit der FDP in Düsseldorf am 9. Mai abgewählt, | |
hätte das auch Konsequenzen für den Ausstieg: Die Mehrheit von Union und | |
FDP im Bundesrat wäre dahin. Und egal, ob Rot-Grün in Düsseldorf das Zepter | |
übernimmt oder Rüttgers sich seine Macht künftig mit den Grünen sichern | |
will: Eine Änderung des Atomausstiegsgesetzes ist zustimmungspflichtig im | |
Bundesrat. Falls aber Rüttgers mit der FDP weiter regieren kann, ist eine | |
Laufzeitverlängerung sicher: Die Regierung lässt bis Herbst untersuchen, ob | |
die AKW acht, zehn oder 20 Jahre länger laufen sollen. | |
24 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Abgabe für Brennelemente: Atom-Streit spaltet Union | |
Sollen Energiekonzerne die geplante Abgabe für Brennelemente unabhängig von | |
Laufzeitverlängerungen zahlen? Merkel und Schäuble sind dafür, Röttgen und | |
Kauder dagegen. | |
Kommentar Anti-Atomkraft-Bewegung: Das nächste große Ding | |
Es ist kein Zufall, dass die Anti-Atomkraft-Bewegung in den letzten Jahren | |
bei der jungen Generation an Schwung gewonnen hat. Die 30 Jahre alte | |
Bewegung wurde gekonnt revolutioniert. | |
Anti-Atom-Bewegung: Mit dem Internet zur Kette | |
Im Veranstaltungskalender des weltweit größten sozialen Netzwerks, | |
Facebook, taucht die Demonstration gleich mehrfach auf. Die Bewegung ist im | |
Netz angekommen. | |
Anti-Atom-Kette: Öko-Wirtschaft als Helfer und Sponsor | |
Mit fast 300.000 Arbeitsplätzen beschäftigt sie inzwischen mehr als zehn | |
Mal so viele Menschen wie die Atomindustrie. Auch sie ruft zur | |
Menschenkette gegen die Atomkraft auf. | |
Anti-Atom-Bewegung: "Ist Handanfassen nicht total 80er?" | |
Kirchen, Wendländer, Gewerkschaften, Unternehmer: Die Bewegung ist | |
vielfältig. Differenzen gibt es über den Grad der Professionalisierung und | |
die Rolle der Parteien. |