# taz.de -- Anti-Atom-Bewegung: Mit dem Internet zur Kette | |
> Im Veranstaltungskalender des weltweit größten sozialen Netzwerks, | |
> Facebook, taucht die Demonstration gleich mehrfach auf. Die Bewegung ist | |
> im Netz angekommen. | |
Bild: Via Web 2.0 kommen die Anti-Atom-Informationen in die Welt. | |
Sonderzüge, Mitfahrgelegenheiten und Busse - viele Verkehrsmittel führen | |
Demonstranten aus ganz Deutschland zur Menschenkette zwischen Brunsbüttel | |
und Krümmel. Ohne das Internet wäre es ungleich komplizierter, die | |
Großdemonstration zu organisieren. Listen und interaktive Landkarten | |
informieren etwa online darüber, wann Sonderzüge starten und wo Busse | |
abfahren. | |
"Die Servicegeschichten sind extrem wichtig", sagt Jochen Stay von der | |
Organisation "Ausgestrahlt". Neben der Anreise wird im Netz auch erklärt, | |
wie der Verkehrskollaps vermieden werden soll: möglichst keine | |
Nahverkehrszüge nehmen, die Hamburger Innenstadt meiden, vorgegebene | |
Parkplätze nutzen. Wer demonstrieren möchte, muss offenbar kaum noch etwas | |
selbst planen. | |
Beworben wird die Menschenkette im Internet ebenfalls intensiv - nicht nur | |
über E-Mail-Verteiler. Die digitale Form der Mund-zu-Mund-Propaganda läuft | |
über den Kurznachrichtendienst Twitter und andere soziale Netzwerke. Wo im | |
Normalfall ein kleines Foto des Nutzers erscheint, prangt nun auf einigen | |
Profilseiten die rote Anti-Atom-Sonne oder ein Werbeplakat der | |
"Kettenreaktion". | |
Im Veranstaltungskalender des weltweit größten sozialen Netzwerks, | |
Facebook, taucht die Demonstration gleich mehrfach auf. Wenn man sich auf | |
die Gästelisten verlässt, werden sich rund 1.900 Facebook-Mitglieder in die | |
Menschenkette einreihen. Auf der Plattform StudiVZ zählt die größte | |
Kettenreaktionsgruppe etwa 1.100 Mitglieder. | |
Ein wichtiges Hilfsmittel sind auch Videoclips. "Ausgestrahlt" warb unter | |
dem Motto "Jeder Meter zählt" in 170 Kinos für die Teilnahme. Der Clip | |
wurde außerdem im Internet bei YouTube und anderen Videoportalen | |
eingestellt. 12.750-mal sahen ihn bis gestern Internetnutzer an. Noch | |
erfolgreicher war ein Video der Aktivisten von Campact. Deren Clip | |
"Kettenreaktion" wurde seit vergangenem Monat mehr als 93.000 Mal | |
aufgerufen. Das Besondere daran: Er ist personalisierbar, bei Eingabe eines | |
Namens taucht dieser im Clip auf. Laut Marketing-Experten ein besonders | |
gutes Mittel, um sich von anderer Werbung abzusetzen. | |
Klassischen Werbemitteln wie Infoständen, Flyern oder Zeitungsanzeigen hat | |
das Internet keineswegs den Rang abgelaufen. Demonstranten werden auch | |
dadurch mobilisiert. Die große Resonanz der überregionalen Presse fällt | |
besonders auf. So berichteten neben der taz etwa auch Zeit und Spiegel | |
ausgiebig über die Aktion. | |
24 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
J. Klein | |
T. Schmid | |
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