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# taz.de -- Futurist zu "Augmented Reality": "Gläserne Menschen für alle"
> Der Futurist Max Celko sieht in "Augmented Reality" (AR) eine Welt, in
> der das Netz mit der Offline-Welt verschmilzt. Suchmaschinen können schon
> heute Menschen und Dinge erkennen. Und dann noch: Cybersex.
Bild: Spielerisch genutzt: <a href="http://upcoming.org/event/5689821">Augmente…
taz: Virtuelle und reale Welt verschmelzen allmählich. Freuen Sie sich auf
diese Zukunft?
Max Celko: Ja klar, das wird spannend. Die Menschheit und die Technik
entwickeln sich doch in eine gute Richtung.
In einem möglichen Szenario kann man in der Augmented Reality künftig
Kommentare zu wildfremden Menschen schreiben, die man auf der Straße sieht.
Der Nächste bekommt sie dann auf seinem Handy eingeblendet. Dann taggen
mich fremde Leute mit „doof“ und jeder kann es lesen?
Das ist doch schon jetzt so. Auf Facebook können Sie auch schreiben, dass
ich doof sei. Künftig sind die Kommentare eben virtuell direkt an den
Körper geheftet und wer es will, kann sich alles aus dem Netz anzeigen
lassen und mit ihnen verknüpft lesen. Das selbe System wird einfach in eine
neue Dimension übertragen.
Niemand muss auf Facebook ein Konto eröffnen. Künftig allerdings könnte im
öffentlichen Raum jeder ein kommentierbares Objekt sein, ohne eigene
Kontrolle.
Es wird sicherlich möglich sein, dass sie Tags über sich wieder löschen
oder irgendwie kontrollieren können. Vielleicht können Sie sich dem auch
ganz entziehen. Aber der soziale Druck, die neuen Technik zu nutzen, wird
genauso hoch sein, wie heute ein Handy zu haben oder E-Mails zu schreiben.
Hören wir mal auf zu spekulieren, wie weit ist die Technik?
Für Handys gibt es bereit gut entwickelte Anwendungen wie der Browser
Layar: Sie filmen die Umgebung und auf dem Bildschirm blendet das Programm
Informationen darüber ein. Manche Anwendungen sind sehr praktisch, wie
Wikitude: Man fokussiert ein Objekt mit der Kamera im Handy und bekommt
einen Link zu Wikipedia, falls es dort Informationen dazu gibt. Aber
niemand rennt den ganzen Tag mit ausgestreckter Hand herum und schaut auf
sein Display. Die Zukunft gehört Brillen mit eingebauten Bildschirmen. Als
Zukunftsvision sind auch Augmented Reality Kontaktlinsen denkbar.
Ist es technisch möglich mit meiner Handykamera Menschen zu filmen, die
anhand von Bildern im Internet identifiziert werden? Trotz neuer Frisur
oder Bart?
Das Programm Augmented ID zum Beispiel funktioniert bereits relativ gut,
sobald sie in einem Raum sind und nicht zu weit entfernt von einer Person.
Muss hier nicht dringend eine Reglementierung zum Schutz der Privatsphäre
her?
Das wird nicht funktionieren, das wissen Sie doch. So war es bisher immer.
Außerdem können Sie jetzt schon jeden Namen googeln. Bei Gesichter wird es
genauso sein.
Müssen wir Privatsphäre aufgeben?
Was Privatsphäre noch bedeutet, ist ein zentrales Thema. Brauchen wir
Privatsphäre in Zukunft überhaupt noch? In welcher Form? Der Begriff muss
sicher neu definiert werden. Vielleicht werden wir künftig in der
Öffentlichkeit für jedermann gläserne Menschen sein. Auf jeden Fall werden
wir weniger privat sein, je weiter die Technik fortschreitet. Die
Entwicklung kann niemand aufhalten.
Wo sind wir denn in 10 Jahren?
Die Handy-basierten Systeme werden weit verbreitet sein. Auch AR-Brillen
werden in räumlich begrenzten Gebieten Anwendung finden. Orientierung wird
die wichtigste Anwendung sein, etwa virtuelle Wegweiser oder Zusatzinfos an
Bushaltestellen oder Gebäuden. Dazu kommt natürlich der Unterhaltungseffekt
- etwa in Form von AR-Spielen, kombiniert mit den Funktionen aus sozialen
Netzwerken.
Und Cybersex?
Sex-Anwendungen liegen auf der Hand. Statt Bilder werden sie eine virtuelle
Person in ihrer Wohnung sehen. Berühren können Sie die nicht, aber die
Illusion wird größer.
Mal ehrlich, die Menschen werden durchdrehen und Ruhe einfordern.
Das kann schon sein. Aber durch Technik können wir auch eine neue Form der
Spiritualität erlangen. Im sogenannten Biofeedback misst man schon heute
Emotionen in Form von Hautwiderstand, Puls oder Gehirnströmen. Einige Leute
nutze das beim Joga, da werden dann Gehirnströme je nach Meditationszustand
visualisiert. Man muss das eben vernetzen.
Das Ende der Privatsphäre und Online-Religiosität klingen eher zum
Fürchten, woher ihr Optimismus?
Jetzt denken Sie doch mal an die positiven Effekte! Im Internet haben sie
heute Interessengemeinschaften, die sich dort in einer grenzenlosen Form
vernetzen. Künftig wird es Wahrnehmungsgemeinschaften geben. Wenn Sie heute
ein Punk sind, dann kleiden Sie sich wie ein Punk. Als Businessmensch wie
ein Businessmensch. Menschen mit gleichen Interessen werden künftig
zusätzlich die Umwelt gleich wahrnehmen.
Sie glauben, Punks werden AR-Brillen aufziehen?
Klar. Die haben sich doch auch Handys gekauft.
27 Apr 2010
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
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