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# taz.de -- Bildung im Wahlkampf: NRW-Politiker streiten über Schulform
> SPD, Grüne und die Linkspartei fordern die Gemeinschaftsschule. CDU und
> FDP pochen auf das vorherrschende System. Eine aktuelle Studie zeigt,
> dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Bild: Wie soll es in NRW nach der Grundschule weitergehen? Regierung und Opposi…
BERLIN taz | Von "Vernebelung" hat Jürgen Rüttgers in der
WDR-Elefantenrunde am letzten Mittwoch gesprochen, denn hinter den
Schulkonzepten von SPD und Grünen stecke die "Einheitsschule". Der
Landesvater verteidigte eisern die differenzierten Schulformen. "Wenn es
nur noch Klassen gibt, dann gibt es keine Schulen mehr", sagte Rüttgers.
Hannelore Kraft, die als sozialdemokratische Spitzenkandidatin dem
amtierenden Ministerpräsidenten prozentual gesehen eng auf die Pelle
gerückt ist, hatte für eine Umsetzung des "Gemeinschaftsschulmodells"
plädiert: alle Schulformen unter einem Dach, mit der Möglichkeit aller
etablierten Schulabschlüsse. Man brauche endlich ein "durchlässiges"
Schulsystem.
Sylvia Löhrmann von den Grünen war mit ihrer SPD-Kollegin einer Meinung,
wenn auch mit nachdrücklicher Betonung auf das eigenverantwortliche Handeln
der Kommunen bei der Schulform und dessen Entwicklung. Es dürfe keine
"Hau-Ruck-Aktion" geben.
Die steht allerdings bei den Linken im Wahlprogramm. Man müsse sofort für
Gemeinschaftsschulen sorgen. Den Unmut über eine allzu hektische Umsetzung
des Vorschlags teilten Kraft und Löhrmann dem linken Spitzenkandidaten
Wolfgang Zimmermann umgehend mit. Der FDP-Abgesandte Pinkwart wachte strikt
über das Wohl der Gymnasien, wenn auch ein Zusammenschluss von Haupt- und
Realschule für ihn denkbar wäre. So viel zum medialen Palaver der letzten
Woche.
Dennoch ist der Zeitpunkt für eine generelle Schuldebatte in NRW selten so
bedeutsam gewesen. Das liegt am zunehmenden Interesse der Bürger an der
Schulpolitik. Laut einer repräsentativen Umfrage des WDR zur Sendung am
Mittwoch bei den WählerInnen ist diesen das Thema Bildung am wichtigsten.
Eine aktuelle Untersuchung liefert dazu alarmierende Befunde für das
Ruhrgebiet. Es handelt sich um die [1]["Vorstudie Bildungsbericht Ruhr"
(PDF)], die taz [2][berichtete am 28. April] exklusiv.
Die Untersuchung umfasst alle Bildungsformen, von der Kita über die Schulen
und Hochschulen bis zur Erwachsenenbildung. Im Wahlkampf war über kein
Thema so kontrovers diskutiert worden wie über die "Schulstrukturreform".
Und gerade dazu liefert die Studie, wenn auch nur auf das Ruhrgebiet
begrenzt, brisante Befunde: Es gebe zwar ein großes und umfassendes
Schulangebot im Pott, aber es werden "tief greifende quantitative und
qualitative Veränderungen in den einzelnen Schulformen sichtbar". Dabei
stelle sich die zwingende Frage, "ob die regionale Schulstruktur und das
Schulformangebot noch bedarfsgerecht sind".
Problemfeld Hauptschule: Es gibt zu viele und keiner will mehr hin. Die
Hauptschule am Leben zu erhalten, ist somit vor allem teuer. Hinzu komme,
dass die Schülerzahlen demografisch bedingt zurückgingen, darunter leide
auch die Realschule, während die Gymnasien und Gesamtschulen die Flut der
Anmeldungen kaum bewältigen könnten. Eltern meiden "geringwertigere
Schulformen", sie hoffen, dass ihre Kinder mit einem höheren Schulabschluss
bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Aus dieser Entwicklung entstehe
ein deutlich erhöhter Leistungsdruck und eine starke soziale Selektion
innerhalb der Schülerschaft.
Die Studie gibt keine Empfehlung für einen bestimmten Schultyp zur Lösung
dieses Problems, erwähnt jedoch explizit die "Etablierung lokaler
Schulnetzwerke" und weist auf stärkere regionale Koordinierung, besseres
"Transfermanagement" von erfolgreichen Innovationen sowie auf
Modellversuche hin. So scheint in Schleswig-Holstein das
Gemeinschaftsschulmodell zu funktionieren, unter der CDU-Regierung sind
dort in drei Jahren 97 Bildungseinrichtungen dieser Art entstanden - trotz
Küstennebel.
5 May 2010
## LINKS
[1] /fileadmin/static/pdf/Vorstudie_Bildungsbericht_Ruhr.pdf
[2] /1/zukunft/bildung/artikel/1/bildungskrise-an-der-ruhr/
## AUTOREN
Jan Scheper
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