# taz.de -- Dioxinverseuchte Eier: Kontrolleure warnten erst spät | |
> Zuständige Kontrollorganisation wusste nach eigenen Angaben schon Wochen | |
> vorher von belasteter Bioware. Trotzdem informierte der Verein die | |
> Behörden zunächst nicht. | |
Bild: Wieviel des krebserregenden Stoffs Dioxin ist in Bio-Eiern enthalten? | |
BERLIN taz | Der Verkauf von möglicherweise dioxinverseuchten Bio-Eiern | |
hätte früher gestoppt werden können als im aktuellen Fall geschehen. Die | |
wichtigste Selbstkontrollorganisation der Eierwirtschaft wusste nach | |
eigenen Angaben schon seit Mitte März, dass in einem Legehennenbetrieb die | |
Grenzwerte stark überschritten wurden. Doch erst am 27. April habe der | |
Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT) die Behörden | |
informiert, sagte Geschäftsführer Caspar von der Crone am Montag der taz. | |
Danach sperrten die Ämter verdächtige Hühnerfarmen. Bis dahin dürften | |
belastete Eier schon verkauft worden sein. | |
Die Eier wurden mit dem krebserregenden Dioxin verschmutzt, weil die Hühner | |
belasteten Ökomais aus der Ukraine zu fressen bekamen. Im ersten | |
betroffenen Betrieb nahm KAT laut Crone Ende Februar Eierproben. Der Verein | |
überprüft routinemäßig zum Beispiel, ob seine Mitglieder ihren Tieren | |
genügend Auslauf gewähren oder ob das Futter frei von Dioxin ist. "Das | |
Ergebnis lag am 16. März vor", sagte Crone. In diesem Fall habe das Labor | |
6,5 Pikogramm Dioxin pro Gramm Fett gemessen - 117 Prozent mehr als von der | |
EU erlaubt. | |
Noch beunruhigender war die Probenauswertung, die die KAT am 21. April | |
erhielt: 13,6 Pikogramm. Doch selbst dann brauchte der Verein nach eigenen | |
Angaben noch sechs Tage, bis er die Behörden in Niedersachsen informierte. | |
"Man hätte die betroffenen Betriebe früher sperren können, wenn die KAT die | |
Behörden umgehend informiert hätte", klagt deshalb die Sprecherin des | |
Niedersächsischen Landesamts für Lebensmittelsicherheit, Hiltrud Schrandt. | |
"Dazu sind wir gar nicht verpflichtet", sagt Crone. "Wir mussten auch erst | |
einmal den Grund der Belastung herausfinden." Er sei "extrem verärgert" | |
über einen Artikel des Spiegels, der die Rolle der KAT in dem Fall | |
beleuchtet hatte. "Wir haben die Sache aufgedeckt und werden jetzt | |
kritisiert." Die KAT habe die betroffenen Betriebe sofort "intern | |
gesperrt". Das bedeutet: Die Unternehmen durften ihre Eier nicht mehr an | |
Packstellen verkaufen, die an KAT teilnehmen und den Lebensmittelhandel | |
beliefern. Den Haken dabei nennt Crone selbst: "Die Betriebe können | |
natürlich woandershin liefern." Viele Lebensmittelfabriken zum Beispiel | |
sind nicht an KAT angeschlossen. | |
Zudem prüft der Verein Crone zufolge nur 90 Prozent aller Betriebe mit | |
Boden-, Freiland- und Biohaltung. Andreas Kloses Hof Alpermühle im | |
nordrhein-westfälischen Nümbrecht etwa ist nicht dabei. "Wir haben erst am | |
Freitag durch die Behörden erfahren, dass wir das kontaminierte Futter | |
bekommen hatten", sagt der Biobauer. Klose verkaufte also noch Wochen nach | |
der ersten Dioxinprobe von KAT möglicherweise belastete Eier - 2.000 Stück | |
pro Tag. Erst am Montag nahm sein Kunde Alnatura, Deutschlands größte | |
Biosupermarktkette, seine Eier aus den Regalen der nordrhein-westfälischen | |
Filialen. Unterdessen erklärte das Agrarministerium in Schwerin, dass das | |
verseuchte Futter auch an einen Betrieb mit Ziegen und Schweinen in | |
Mecklenburg-Vorpommern gegangen sei. | |
11 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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