# taz.de -- Geschäftsmodell für Street View: Kommerz in 3D | |
> Das Projekt "Street View" kostet Google viel Zeit und Geld. Es gibt | |
> Pläne, die Ansichten mit Werbung zuzupflastern. Ortsspezifische Werbung | |
> gilt als großer Wachstumsmarkt. | |
Bild: Die Oxford Street in London bei Street View: Zukünftig wird der Google-D… | |
Fast könnte man Mitleid haben mit Google: Seit bald zwei Jahren schon | |
versucht der Internet-Konzern, seinen Kartenbilderdienst "Street View" in | |
Deutschland an den Start zu bringen. Zuerst wehrten sich einzelne | |
Gemeinden, dann gab's Stunk mit den Datenschützern. Zuletzt hatte auch | |
Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, gerne in Sachen Internetpolitik zu | |
populistischen Manövern aufgelegt, massive Kritik vorgebracht. CDU und | |
Grüne erwogen zur Zwischenzeit in Hamburg eine Bundesratsinitiative gegen | |
solche und ähnliche Angebote zu starten. | |
Da wundert es nicht, dass Googles oberster Firmendatenschützer Peter | |
Fleischer in einem Interview mit der "Welt" sagte, in keinem anderen | |
europäischen Land habe es eine "so heikle und polemische Debatte über genau | |
den selben Dienst" gegeben, während er anderswo kritiklos angenommen wurde. | |
So umstritten Street View in Sachen Datenschutz auf Betroffene wirken mag – | |
was bei der Debatte stets unter den Tisch fällt, ist die Motivation seitens | |
Google und seiner Konkurrenten, solche und ähnliche Dienste überhaupt zu | |
starten. So interessant es für den Nutzer auf den ersten Blick sein mag, | |
fremde Städte und Regionen auf der Erde mittels frei navigierbarer | |
Internet-Bilder zu begutachten: Die Erstellung und der Betrieb solcher | |
Angebote kostet viel Geld. Der Aufwand, den Google betreibt – fast alle | |
Straßen eines Landes werden abgefahren, die Bilder nachbearbeitet und | |
optimiert – ist groß. Was hat der Konzern also überhaupt von diesem an sich | |
wahnwitzigen Projekt? | |
Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Bislang noch nicht viel. Pläne, | |
die Street View-Ansichten mit Werbung zuzupflastern, sind bislang nicht | |
umgesetzt worden. Doch genau darauf läuft es hinaus: Sind einmal genügend | |
Bilder eines Ortes vorhanden, lässt sich die real-virtuelle Welt, in die | |
Street View-Nutzer eintauchen, genauso wie heute der Kartendienst Google | |
Maps zu einer großen Reklameplattform ausbauen. Erste Versuche gibt es | |
bereits. Der neue Dienst nennt sich "Google Store View" und kann mit Street | |
View verknüpft werden. Dabei knipsen die Google-Kameras nicht nur das | |
Exterieur, sondern gehen in Läden hinein. | |
Aktuell ist das Vorhaben noch in der Pilotphase. Nur die größten Städte in | |
den USA, sechs australische Metropolen und zwei japanische sind dabei. "Wir | |
fotografieren das Layout, die Annehmlichkeiten, die Produkte und auch das | |
Schaufenster", sagt Peter Fleischer. Selbst vorhandene Menüs sollen | |
geknipst werden. Die gewonnenen Bilder, die ein Google-Team in unter einer | |
Stunde zusammenschießt, werden in den so genannten "Place"-Dienst | |
integriert. | |
Dabei handelt es sich um eine zentrale Anlaufstelle für Geschäfte und | |
andere Orte, die in Googles Suchergebnissen auftaucht. Ein Restaurant kann | |
eine solche Place-Seite besitzen. Der Standardeintrag ist kostenlos, wer | |
sich auf der Google Maps-Karte etwas hervorheben will, zahlt 25 Dollar im | |
Monat, was allerdings bislang nur in drei US-Städten funktioniert. Immerhin | |
50 Millionen verschiedene Orte konnte Google innerhalb eines Jahres so | |
bereits versammeln. Spezialisierten Ortsdiensten wie Yelp oder Qype macht | |
Google so Konkurrenz. | |
Nach Beendigung der Fotofahrten in den großen Ländern der Welt könnten all | |
diese Daten dann in eine einzige dreidimensionale Plattform überführt | |
werden. Erste Schritte in diese Richtung hat Google bereits unternommen. So | |
ist der Satellitendienst Google Earth mit Hilfe eines kostenlosen Plug-ins | |
auch in Firefox und Internet Explorer zu sehen, ohne dass die | |
Spezialsoftware noch gestarten werden muss. All das dient einer möglichst | |
detailgetreuen Abbildung der Welt im Netz, die sich dann mittels | |
Online-Werbung ausbeuten lässt. | |
Google ist nicht der einzige Internet-Konzern, der diese Strategie | |
verfolgt. Auch Microsofts Suchmaschine Bing bietet mittlerweile mit | |
"Streetside" einen eigenen Kartenbilderdienst und will in diesem Bereich | |
weiter expandieren. Auch hier deutet sich das Geschäftsmodell bislang nur | |
wage an, es läuft aber alles auf lokale Werbung im Sinne von "Das ist mein | |
Laden" hinaus. | |
11 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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