# taz.de -- Intimes im sozialen Netzwerk: Facebook gibt Suchmaschinen Futter | |
> Facebook öffnet sich dem freien Web. Auf den neuen Suchmaschinen Openbook | |
> und Booshaka werden Status und private Daten von Nutzern sichtbar – die | |
> wissen meistens nichts davon. | |
Bild: Da freut sich der Arbeitgeber: Unter dem Suchbegriff \"my employer\" lass… | |
Suzy P. hasst ihren Chef. "Ist bald Freitag?", fragt sie flehend. Daisy R. | |
geht es nicht anders: "Ich brauche einen neuen Job! Ernsthaft!", schreibt | |
sie und unterstreicht das mit ungefähr 20 Ausrufezeichen. Keine dieser | |
Meinungsäußerungen dürfte darauf angelegt gewesen sein, an die | |
Öffentlichkeit zu dringen. Dank einer von Facebook kürzlich freigegebenen | |
neuen Programmierschnittstelle (API) sind sie aber in wenigen Sekunden | |
auffindbar – über gerade frisch gestartete Suchmaschinen wie | |
[1]["Openbook"] oder [2]["Booshaka"]. | |
Je nachdem, wie das persönliche Profil abgesichert ist, ist das Auslesen | |
von Nutzernamen, Geburtsdatum, Gruppen, Fotos, Videos oder Notizen möglich | |
– und vor allem, was die Suchmaschinen besonders interessiert, die so | |
genannten Statusbotschaften. Über diese erzählen Facebook-Nutzer im | |
Twitter-Stil, was sie gerade tun – zumeist an den persönlichen "Inner | |
Circle" gerichtet, weil das soziale Netzwerk einst hauptsächlich auf | |
Freundesgruppen eingestellt war. | |
Openbook ist dabei als Projekt angelegt, das [3][aufklären] soll. "Wir | |
wollen zeigen, welche Informationen Facebook über seine Suchschnittstelle | |
offenlegt", so die Macher Will und Peter, die das System nach ihren eigenen | |
Angaben in einer Nacht zusammenprogrammiert haben. Mit der Suche ist es | |
sogar möglich, Statusbotschaften nach Männlein und Weiblein zu trennen, ein | |
Bild wird ebenso angehängt wie die Möglichkeit, sich gleich auf das Profil | |
zu klicken. | |
"Facebook hat zwei klare Fehler begangen", schreiben die Openbook-Macher. | |
"Einerseits macht das Netz keinen guten Job, wenn es darum geht, welche der | |
Informationen, die man teilt, öffentlich sind". Zweitens verändere Facebook | |
seine Regeln "viel zu häufig". Wer die Datenschutzbedingungen erst vor | |
einem halben Jahr verstanden habe, stehe inzwischen ahnungslos da. | |
Während Openbook also der Aufklärung dient, ist Booshaka wiederum | |
offensichtlich als kommerzielles Projekt angedacht – inklusive Werbung, | |
"populären Themen" und "lustigen Suchbegriffen". Das Angebot wird im | |
Minutentakt aktualisiert. "Booshaka ist das, was passiert, wenn Facebook, | |
Google und Twitter zusammen ein Baby bekommen", schreiben die Macher stolz | |
in ihrem Blog. | |
Man sei "die erste soziale Suchmaschine basierend auf der | |
Facebook-Plattform". Weder bei Booshaka noch bei Openbook muss man vorher | |
bei Facebook angemeldet sein, um die Suche nutzen zu können – die Angebote | |
sind im freien Web verfügbar. Als "Partner" von Facebook dürfen die dabei | |
erhobenen Daten von den Suchmaschinen mittlerweile auch länger als 24 | |
Stunden vorgehalten werden – ein "Feature", das Facebook unter Applaus der | |
Entwickler kürzlich vorstellte. | |
Dass die Nutzer, die von den neuen Suchmaschinen erfasst werden, selbst für | |
ihr Schicksal verantwortlich sind, kann man nicht unbedingt sagen. Es ist | |
mittlerweile selbst für Internet-Profis schwer, ihre Privatsphäre auf | |
Facebook zu bewahren. Die seit Herbst 2009 bereits dreimal überarbeiteten | |
Datenschutzbedingungen sind inzwischen deutlich länger als die | |
amerikanische Verfassung. | |
Mehr als 50 verschiedene Menüpunkte mit über 170 Optionen existieren laut | |
Zählung der "New York Times" auf Facebook allein für den Bereich Sicherheit | |
und Privatsphäre. Da blickt kaum noch jemand durch, weswegen es inzwischen | |
externe Browser-Erweiterungen gibt, mit denen sich problematische | |
Einstellungen automatisch offenlegen lassen – programmiert von | |
Freiwilligen. | |
Bekannte Netzexperten wie der Gadget-Blogger Peter Rojas oder der | |
Google-Suchmaschinenexperte Matt Cutts haben sich deshalb aus dem Netz | |
verabschiedet, weil sie die ständige Aushöhlung ihrer Privatsphäre nicht | |
mehr dulden wollten. Der Unternehmer und Netzpromi [4][Jason Calacanis] | |
schrieb kürzlich in seinem Blog, dass Facebook-Gründer Mark Zuckerberg | |
schlicht nicht mehr vertrauenswürdig sei. | |
Vor kurzem [5][bekanntgewordene Chats] zwischen dem heute 26-jährigen | |
Unternehmer und einem Ex-Kollegen aus der Frühzeit der Facebook-Gründung | |
könnten dafür als Beleg dienen. Damals prahlte der Student Zuckerberg | |
damit, er verfüge über 4000 E-Mails, Bilder und Adressen. "Die Leute haben | |
sie mir einfach übermittelt. Ich weiß nicht warum. Sie vertrauen mir. Blöde | |
Arschlöcher." Facebook wollte die Vorwürfe nicht kommentieren. | |
19 May 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://youropenbook.org/ | |
[2] http://www.booshaka.com/ | |
[3] http://youropenbook.org/about.html | |
[4] http://calacanis.com/2010/05/12/the-big-game-zuckerberg-and-overplaying-you… | |
[5] http://www.businessinsider.com/well-these-new-zuckerberg-ims-wont-help-face… | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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