# taz.de -- Soziales Netz "Diaspora": Das freie Facebook | |
> Studenten basteln an einer Alternative zu Faceook und Co. Das dezentrale | |
> Netzwerk "Diaspora" soll sich von der Community selbst finanzieren und | |
> setzt auf Transparenz. | |
Bild: Das Diaspora-Logo: Ein erster interner Prototyp des dezentralen Netzwerke… | |
Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass eines der kommerziellen sozialen | |
Netzwerke wegen Datenschutz-Katastrophen in die Schlagzeilen gerät. Ein | |
Infoleck hier, eine nutzerunfreundliche Veränderung beim Schutz der | |
Privatsphäre dort – Nutzer verlieren zunehmend das Vertrauen. Kein Wunder, | |
dass Experten schon seit längerem [1][offene Alternativen] zu Facebook und | |
Co. fordern, die dezentral aufgebaut sind. | |
Ein Team aus vier Studenten zwischen 19 und 22 Jahren der New York | |
University will diesen Traum in die Tat umzusetzen: [2]["Diaspora"] soll | |
konzerngesteuerten Netzwerken eine vom Nutzer kontrollierte Basis | |
gegenüberstellen. Das Projekt, von dem bereits ein erster interner Prototyp | |
existiert, soll außerdem von der Gemeinschaft selbst finanziert werden. | |
Zumindest das klappt bereits erstaunlich gut: Über die "Crowd | |
Funding"-Plattform Kickstarter, bei der Kultur- und Internet-Projekte | |
vorgestellt und dann von Nutzern je nach Lust und Laune mit Geld versorgt | |
werden, kamen zwischen dem 24. April und dem 13. Mai unglaubliche 116.000 | |
Dollar zusammen. Dabei hatte das Diaspora-Team eigentlich nur um 10.000 | |
Dollar gebeten, damit die vier Nachwuchsprogrammierer sich drei Monate lang | |
im Sommer ganz auf das neue Netzwerk konzentrieren konnten, ohne die sonst | |
üblichen Studentenjobs und Praktika annehmen zu müssen. | |
Die Idee kam dem Diaspora-Team nach einem Vortrag des Juraprofessors Eben | |
Moglen, der die sozialen Netzwerke in ihrer aktuellen Form mit einem | |
"freiwilligen Spionagering" verglich. Hinzu kommt eine Abneigung gegenüber | |
dem aktuellen Trend der Anhäufung großer Datenmengen bei einzelnen Firmen | |
wie eben Facebook. "Wenn wir miteinander reden, müssen wir unsere | |
Kommunikation ja auch nicht an eine zentrale Stelle weitergeben", erläutern | |
die Diaspora-Macher [3][in einem Video]. | |
Das Projekt ist getrieben von der Frage, wer die Herrschaft über die | |
eigenen Informationen hat. Mitgründer Raphael Sofaer fasst das so zusammen: | |
"Soziale Netzwerke existieren eigentlich erst seit zehn Jahren. Niemand | |
weiß, was mit unseren Daten in absehbarer Zukunft passiert. Wir müssen | |
deshalb selbst die Kontrolle übernehmen." Eine Anti-Haltung gegenüber der | |
Technik lässt sich aber beim Diaspora-Team nicht erkennen - dafür sind | |
seine Mitglieder zu sehr Teil der Generation Internet. | |
Sofaers Kollege Max Salzberg betont, dass das Teilen von Informationen | |
grundsätzlich "eine ganz tolle Sache" sei, es mache vieles besser. | |
Trotzdem, und da sind sich alle Diaspora-Gründer einig, müssten die Nutzer | |
die Kontrolle behalten. Das sei kein Widerspruch. "Die großen Firmen sagen, | |
Privatsphäre und Teilen würden sich gegenseitig ausschließen. Das stimmt | |
aber nicht. Denn der Knoten gehört ab sofort Euch." | |
Und genau dieser Knoten soll das sein, was Facebook und Co. seit langem | |
nicht mehr sind: Absolut sicher. So wird der gesamte Datenverkehr | |
standardmäßig verschlüsselt. "Es gibt keinen Grund dafür, dass | |
Kommunikation nicht geschützt sein sollte", sagt Sofaer. Bei Facebook ist | |
selbst die simple Browser-Verschlüsselung üblicherweise ausgeschaltet. | |
Schalter müssen bei Diaspora dazu nicht umgelegt werden. "Wir werden | |
supertransparent sein", so Mitgründer Dan Grippi. "Die Verschlüsselung ist | |
einfach da." | |
Angst, dass sie den Mund etwas zu voll nehmen, haben die Diaspora-Gründer | |
nicht. Schließlich sei die Technik, die Facebook nutze – die Wall, die | |
kleinen Spiele, der Chat – nichts besonders Rares. "Die Technologie dafür | |
existiert." Auch die Idee, ein Netzwerk zu verteilen, statt mit zentralen | |
Servern zu arbeiten, ist längst erprobt. Peer-to-Peer-Datentauschnetze | |
arbeiten so seit langem. | |
Wer dann nicht mehr Teil des Netzes sein will, schaltet seinen Knoten | |
einfach ab, während man bei Facebook quasi darum betteln muss, endlich | |
wieder herausgelassen zu werden. In einigen Monaten dürfte mit den ersten | |
Ergebnissen der Diaspora-Programmierarbeit zu rechnen sein. | |
14 May 2010 | |
## LINKS | |
[1] /1/netz/netzkultur/artikel/1/alternative-zu-facebook-gefordert/ | |
[2] http://www.joindiaspora.com/ | |
[3] http://kck.st/9QC2zk | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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