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# taz.de -- Israelischer Angriff auf Hilfskonvoi: Was geschah wirklich an Bord?
> Der Hergang der Ereignisse bei der Erstürmung der "Mavi Marmara" vor
> Israels Küste bleibt strittig: Linke sprechen von "Kriegsverbrechen",
> Israel von Selbstverteidigung.
Bild: Israels Soldaten entern die "Mavi Marmara": Video-Still des israelischen …
BERLIN/TEL AVIV taz/dpa | Die Erstürmung der "Mavi Marmara" durch
israelische Soldaten hat eine internationale Isolation Israels ausgelöst.
Der UN-Sicherheitsrat verurteilte die Kommandoaktion. Der türkische Premier
Erdogan sprach von einem "blutigen Massaker". Israel sah keinen Grund für
eine Entschuldigung: "Wir haben uns selbst verteidigt", sagte
Vizeaußenminister Ajalon.
Über die Frage, was wirklich an Bord der Schiffe geschah, mit denen
propalästinensische Aktivisten Hilfsgüter nach Gaza bringen wollten, gehen
die Darstellungen weit auseinander. "Niemand hatte eine Waffe", sagte die
Linke-Bundestagabgeordnete Inge Höger. Sie war allerdings auf einem
Unterdeck eingeschlossen und bekam von der Kommandoaktion nichts mit.
Norman Paech (Linke) [1][sprach nach seiner Rückkehr in Berlin] von "zwei
oder drei Holzstäben", die er gesehen habe. Er warf den Israelis vor, ein
"Kriegsverbrechen" begangen zu haben. Matthias Jochheim von den "Ärzten
gegen Atomkrieg" sagte der taz, er habe drei verletzte Soldaten und drei
Tote gesehen. Insgesamt waren bei dem Einsatz neun Aktivisten getötet und
50 verletzt worden.
Israel beharrt dagegen darauf, sich lediglich verteidigt zu haben. Das
Militär zeigte eine Sammlung von Messern und Stangen, die von dem Schiff
stammen sollen.
Ron Ben Yishai, Augenzeuge und Reporter der israelischen Tageszeitung
Yediot Achronot, sagte, die Passagiere hätten die enternden Soldaten mit
Knüppeln und Zwillen angegriffen. Diese hätten zunächst Farbpistolen und
Blendgranaten eingesetzt. Als einem Soldaten die Pistole entwendet worden
sei, hätten die Israelis die Genehmigung zum Schusswaffeneinsatz erhalten.
Ein Video der israelischen Armee zeigt diese Szenen, bricht aber dann ab.
Wie es zum Tod der neun Aktivisten kam, geht aus dem Film nicht hervor.
Video des israelischen Militärs
Unter dem Eindruck der Militäraktion öffnete Ägypten inzwischen die Grenze
zum Gazastreifen für Kranke und Hilfsgüter. Die Regierung teilte mit,
humanitäre Hilfe und medizinische Güter dürften ab sofort über den
Grenzübergang Rafah zu den Palästinensern gebracht werden. Wie lange die
Grenze offen bleiben sollte, war unklar.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderte eine
Bestrafung Israels für den Angriff und sprach von einem Massaker. Er
forderte den Weltsicherheitsrat auf, es nicht bei einer Verurteilung des
israelischen Einsatzes zu belassen. "Freunde, heute ist ein Neubeginn. Von
heute an ist nichts mehr wie es war", sagte Erdogan an seine Parteifreunde
gerichtet. "Ich habe es ihnen ins Gesicht gesagt. Sie haben der Welt einmal
mehr gezeigt, wie gut sie morden können", sagte Erdogan.
Einen Grund für eine Entschuldigung sieht Israel nicht. "Wir müssen uns
nicht dafür entschuldigen, dass wir uns selbst verteidigt haben", sagte
Vizeaußenminister Danny Ajalon. Er bezeichnete die sechs Schiffe der
Gaza-Solidaritätsflotte, die direkt Hilfsgüter in den von Israel
abgeriegelten Gazastreifen bringen wollten, als eine "Armada des Hasses und
der Gewalt". Den rund 700 Aktivisten an Bord warf er vor, mit großen
Messern und Schlagstöcken bewaffnet gewesen zu sein und versucht zu haben,
andere umzubringen. Auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
sprach von Notwehr der Soldaten.
2 Jun 2010
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