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# taz.de -- Norman Paech über Haft in Israel: "Der Mossad war vom ersten Tag d…
> Der Hamburger Völkerrechtler Norman Paech war an Bord eines von Israel
> gekaperten Schiffs der Hilfsflottille für den Gaza-Streifen. Er hält den
> Angriff für einen Akt der Piraterie und ein Kriegsverbrechen.
Bild: Ausschnitt aus einem israelischen Video: Ein israelischer Soldat seilt si…
taz: Herr Paech, wie haben Sie die israelische Haft überstanden?
Norman Paech: Persönlich ganz gut. Die eigentliche Hypothek dieser
Unternehmung sind die Toten und Verletzten, von deren Zahl man nichts weiß,
deren Herkunft man nicht kennt.
Warum sind Sie mitgefahren?
Ich habe 20 Jahre lang darauf hingewiesen, dass die israelische Besetzung
der palästinensischen Gebiete völkerrechtswidrig ist - ohne dass das Folgen
hatte. Irgendwann sagte ich mir, man muss auch andere Mittel in Erwägung
ziehen. Deshalb beschloss ich, diese Schiffsreise zur Durchbrechung der
Blockade mitzumachen. Die Blockade erfüllt den Tatbestand eines Verbrechens
gegen die Menschlichkeit.
Die Israeli argumentieren, mit dem Durchbrechen der Blockade, werde dem
Waffenschmuggel die Tür geöffnet.
Die Israeli behaupten immer, sie müssten sich verteidigen oder den
Waffenschmuggel verhindern. Das ist Unsinn. Es geht in Gaza darum, die
Versorgung auf ein Niveau zu bringen, dass die Menschen dort überhaupt
leben können. Die fristen ja nur ihr Leben und sind total abhängig von den
Israeli. Dies gebiert auch die Gewalt im Gaza-Streifen, wie sie sich im
Abschuss von Raketen auf Israel äußert. Die Palästinenser haben keine
andere Möglichkeit sich zu wehren.
Waren Waffen an Bord?
Überhaupt nicht. Der Mossad war vom ersten Tag dieser Aktion an dabei. Er
wusste über alles Bescheid.
Wie kommen Sie darauf?
Die israelischen Soldaten verloren an Deck vier in Plastikfolie gebundene
Seiten mit Fotos einzelner Mitglieder der Mission, unter anderem des
Schriftstellers Henning Mankell und der Gewerkschafterin und
Bundestagsabgeordneten Annette Groth (Die Linke). Wahrscheinlich wurde den
Soldaten gesagt, das sie auf diese Personen besonders Acht geben sollten.
Das Foto von Annette Groth stammt von unserer Zusammenkunft in Heraklion.
Dort hatte sie über ihrem T-Shirt ein Band der Gewerkschaft mit ihrem
Namen. Das trägt sie sonst nicht. Die Israeli wussten also, dass wir uns
friedlich verhalten wollten. Auch die Beladung der Schiffe, ob in Irland,
Istanbul oder Athen war öffentlich. Es waren keine Waffen an Bord.
Haben Sie selbst die Laderäume besichtigt?
Nein. Wir vertrauten den Organisatoren, weil bei der Beladung ja zugeschaut
werden konnte.
Man hätte ja nachts welche an Bord schmuggeln können …
Interessant ist, dass die Israeli ja gar keine Waffen präsentieren können.
Das, was sie zeigen, ist das was sie auf der Mavi Marmara gefunden haben:
Schlagstöcke, Eisen… Das ist ja alles. Ich finde es abartig, dass in
unserer Presse immer diese Waffen gezeigt werden. Es gibt kein Bild von den
Waffen, mit denen die Israeli das Schiff gestürmt haben:
Paintbullet-Pumpguns, Maschinenpistolen, Taser, Pistolen.
Wie erklären Sie sich bei dieser Waffenungleichheit, dass drei Soldaten in
die Gewalt der Schiffsbesatzung gerieten?
Die haben sich auf das Deck abgeseilt. Dort waren kräftige Türken oder
Araber. Eh die Soldaten sich auf dem Deck entfalten konnten, wurden sie
überwältig und unter Deck gebracht. Danach begann die Schießerei.
Es heißt, die Passagiere seien unter Deck eingeschlossen gewesen. Stimmt
das?
Das galt für die Frauen, um sie nicht zu gefährden. Ich war auf dem
mittleren Deck, wo die zentrale Treppe liegt. In deren Vorraum stand ich,
als oben die Schießerei war und sah, wie die Israeli und später die
Verletzten heruntergetragen wurden.
Sie sagten in einem ihrer ersten Interviews, die Enterung sei ein
Kriegsverbrechen. Stehen Sie dazu?
Absolut. Sie fand in internationalen Gewässern statt und war somit ein Akt
der Piraterie. Erinnern Sie sich noch an die Achille Lauro, das
italienische Kreuzfahrtschiff, das in den 80er Jahren von einem
palästinensischen Kommando entführt wurde, wobei ein Amerikaner ermordet
wurde. Das war ein Verbrechen und genauso ist die jetzige Kaperung nach
internationalem Recht ein Verbrechen. Die Israeli hätten darum bitten
können, das Schiff zu kontrollieren. Das wäre ihnen auch gestattet worden.
Israel hat zudem keine Hoheitsrechte in Gaza. Es kann also kein Schiff
daran hindern, humanitäre Güter dort abzuladen. Das ist völkerrechtlich
nicht möglich.
3 Jun 2010
## AUTOREN
Gernot Knödler
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