# taz.de -- Sachsens Kultusminister: "Eine gewisse Gratiskultur" | |
> Sachsens Kultusminister Wöller (CDU) will bei Bildungsausgaben strecken, | |
> umschichten und kürzen. Gespart werden soll nach seinen Vorstellungen bei | |
> den Hochschulen, mehr Geld sollen die Kleinsten bekommen. | |
Bild: Studierende am 10. Juli 2008 in der Humboldt-Uni Berlin. | |
taz: Herr Wöller, morgen treffen sich Bund und Länder und wollen über | |
zusätzliche 13 Milliarden Euro für die Bildung verhandeln. Können sie ihre | |
Versprechen halten? | |
Roland Wöller: In der jetzigen Situation sind Mehrausgaben in dieser | |
Dimension schwer möglich. Bund und Länder müssen sparen. Man muss | |
realistisch bleiben. | |
Das heißt, das Ziel, jeden zehnten Euro vom Bruttoinlandsprodukt in Bildung | |
zu stecken, ist nicht mehr realisierbar? | |
Dieses Ziel werden wir wahrscheinlich nicht in der vorgegebenen Zeit | |
erreichen. Ich rechne damit, dass es länger dauern wird. | |
Wann wird das Ziel erreicht? | |
Es kann sich durchaus drei bis fünf Jahre verschieben. Voraussetzung für | |
eine zügige Umsetzung des Ziels ist die Bereitschaft des Bundes, den | |
Ländern Umsatzsteuerpunkte abzutreten. Jeder sieht, dass die Länder | |
Haushaltsschwierigkeiten haben. | |
Die Länder schaffen ihre Aufgaben nicht. Der Bund soll ihnen Blankoschecks | |
ausstellen. Steht die Bildung am Ende nicht als Verlierer da? | |
Den Löwenanteil bei der Bildungsfinanzierung leisten die Länder. Die | |
moralische Bindung beim Einsatz zusätzlicher Umsatzsteuerpunkte wäre meines | |
Erachtens so groß, dass Länder, die Umsatzsteuerpunkte zur Konsolidierung | |
ihrer Haushalte verwenden, am Pranger stünden. Das wäre politisch nicht | |
durchzuhalten. Wenn aber der Bund den Anspruch hat, alles über einen | |
Leisten zu scheren, ist das auch nicht effektiv. Jedes Land muss seine | |
eigenen Schwerpunkte setzen. Wir setzen Schwerpunkte in der | |
Lehrerausbildung, aber auch in der frühkindlichen Bildung. Für mich ist | |
nicht allein entscheidend, wie viel insgesamt ausgegeben wird, sondern dass | |
in Qualität investiert wird. | |
Wo wird Ihrer Meinung nach Geld im Bildungsbereich verschleudert? | |
Wir geben vergleichsweise wenig Geld in der frühkindlichen Bildung und | |
Erziehung aus. Dabei kommt es auf den Anfang an. Da sind sich alle | |
Wissenschaftler einig. Wir geben allerdings viel Geld am Ende der | |
Bildungskarriere beispielsweise in den Hochschulen aus. Das ist ein | |
Missverhältnis. Das Geld wäre besser angelegt, wenn wir uns auf den Anfang | |
konzentrieren. | |
Sie wollen bei den Hochschulen kürzen und stattdessen in Kindergärten | |
investieren? | |
Man muss darüber nachdenken, Geld umzuschichten. Wir haben eine gewisse | |
Gratiskultur in Deutschland. Wenn ich staatliche Leistungen kostenlos | |
anbiete, habe ich noch nicht in die Qualität investiert. | |
9 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bildungsgipfel von Bund und Ländern: Zähes Ding | |
Beim Bildungsgipfel können sich Bund und Länder nicht auf gemeinsame Ziele | |
einigen. Alle Vorhaben von Bafög bis Stipendienprogramm liegen auf Eis. | |
Die Sparpläne der Regierung: Sparen bei den Schwächsten | |
Vor allem Behinderte und Jugendliche könnten von den Kürzungen im | |
Bundeshaushalt betroffen sein. Die Diakonie warnt vor steigender | |
Altersarmut | |
taz-Übersetzungshilfe für´s Sparpaket: Tricksen, täuschen, schönrechnen | |
Die Spekulationen haben begonnen, was dachte sich Schwarz-Gelb eigentlich? | |
Die insgeheimen Botschaften hinter dem Sparpaket der schwarz-gelben | |
Regierungskoalition. | |
Einsparungen im sozialen Bereich: Wer die Zeche zahlt | |
Familien, Arbeitslose, Rentner und Kleinverdiener sollen zwei Drittel der | |
Haushaltssanierung tragen. Die Sozialeinsparungen 2014 belaufen sich auf | |
rund 11 Milliarden Euro. |