# taz.de -- Jugendmedienschutz-Staatsvertrag: FSK 18 für Tweets? | |
> Die Ministerpräsidenten der Länder haben den | |
> Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gebilligt, im Januar soll er inkraft | |
> treten. Kritiker befürchten Rechtsunsicherheiten und Probleme bei der | |
> praktischen Umsetzung. | |
Bild: Kind vor dem Computer. | |
Berlin apn/taz | Die Ministerpräsidenten der Länder haben am Donnerstag im | |
Rahmen der Konferenz der Regierungschefs der Länder in Berlin den | |
Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gebilligt. Der Vertrag soll nach einer | |
Ratifizierung durch die Landesparlamente Anfang Januar 2011 inkraft treten. | |
Wichtigstes Detail beim Jugendmedienschutz-Staatsvertrag: Es wird eine | |
Alterskennzeichnung für Internet-Inhalte vorgeschrieben. Auf diese | |
Alterskennzeichnungen können dann Jugendschutz-Filter-Programme zugreifen, | |
die Eltern auf Computern, die von ihren Kindern genutzt werden, | |
installieren können. Geplant sind die Altersstufen 0, 6, 12, 16 und 18 | |
Jahre. Die Sperrung bedenklicher Inhalte soll ausdrücklich "eine | |
freiwillige Entscheidung der Eltern" bleiben. | |
Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der deutschen | |
Internetwirtschaft (eco), stört sich an der Rechtsunsicherheit und | |
appellierte "eindringlich" an die Ministerpräsidenten, in der Begründung | |
zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag "noch vorhandene Schwächen | |
auszubügeln". So wäre klarzustellen, dass mit "Anbietern" Inhalte-Anbieter | |
gemeint sind und dass Jugendschutzprogramme nicht gelabelte Seiten in der | |
Standardeinstellung durchlassen müssen. | |
Andreas Bogk vom Chaos Computer Club (CCC) fragt nach der | |
Praxistauglichkeit des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags. Bevor es das | |
Internet gab, "in Zeiten von Fernsehen, Radio und Büchern" seien die | |
Anbieter "groß genug gewesen, um eine Mitgliedschaft in einem Forum der | |
freiwilligen Selbstkontrolle finanzieren zu können, wo | |
Jugendschutz-Experten eine Bewertung vornehmen". Im Internet würden aber | |
viel mehr Menschen Inhalte anbieten, als noch zu Zeiten der Massenmedien. | |
Wie das beispielsweise beim 140-Zeichen-Dienst Twitter funktionieren solle, | |
"ob jeder Tweet einzeln bewertet werden soll", darüber existiere auch noch | |
keine Vorstellung. Bogk wittert Netzblindheit: "Das Problem scheint den | |
Autoren des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags nicht einmal bewußt zu sein." | |
Lob hingegen kam vom Geschäftsführer des Bundesverbands Interaktive | |
Unterhaltungssoftware (BIU), Olaf Wolters: "Der neue | |
Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ebnet den Weg für mehr Jugendschutz im | |
Internet, indem künftig Alterskennzeichen auch für Online-Spiele möglich | |
sind. Damit wird eine zentrale Lücke im Jugendmedienschutz beseitigt." Auch | |
der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck lobte am Donnerstag in | |
Berlin nach dem Beschluss die im Staatsvertrag geplante Alterskennzeichnung | |
als "richtungweisend und neu". | |
11 Jun 2010 | |
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Schwerpunkt Überwachung | |
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