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# taz.de -- Obamas Kampf gegen Ölpest: Erneuerbare als "Nationale Mission"
> Die Hälfte der US-Bürger ist mit Obamas Krisenmanagement nicht zufrieden.
> Mit einer TV-Ansprache versucht er, in die Offensive zu kommen: Mehr
> Erneuerbare Energien ist seine Antwort.
Bild: Die volle präsidiale Inszenierung: Barack Obama bei der TV-Ansprache.
WASHINGTON afp/apn/taz | Mit einer TV-Ansprache versuchte US-Präsident
Barack Obama am Dienstagabend Ortszeit im Kampf gegen die Ölpest wieder in
die Offensive zu kommen. Dazu verschärfte er einerseits den Druck auf BP,
verteidigte das eigene Krisenmanagement und bereitete das Land auf einen
langen Kampf gegen das Öl vor. Außerdem forderte er ein Umdenken in der
Energiepolitik.
Demnach sei die Nutzung sauberer Energien von nun an eine "nationale
Mission". Die Zeit des billigen Öls neige sich dem Ende zu, sagte Obama in
einer Rede an die Nation am Dienstag. Diese Herausforderung sei zu
vergleichen mit dem prestigeträchtigen Unterfangen der bemannten Mondfahrt
in den 60er Jahren.
Obama will den Ölkonzern BP wegen der verheerenden Ölpest im Golf von
Mexiko finanziell zur Verantwortung ziehen. "Wir werden dafür sorgen, dass
BP zahlt", sagte Obama in einer Rede im Weißen Haus und warf dem
Unternehmen "Rücksichtslosigkeit" vor. Die Regierung hat dem Konzern
bereits eine Rechnung über 69 Millionen Dollar präsentiert. Obama trifft am
Mittwoch mit der Führung von BP zusammen.
Aber auch die USA könnten es sich nicht leisten, so weiterzumachen wie
bisher. Die langfristigen Kosten fossiler Brennstoffe für die
Volkswirtschaft, für die nationale Sicherheit und für das Klima seien viel
höher, mahnte Obama in seiner ersten Live-TV-Ansprache als Präsident im
Weißen Haus.
Die lange Untätigkeit habe dazu geführt, dass Länder wie China inzwischen
mehr in erneuerbare Energien investierten als die USA. Die US-Bürger
müssten mithilfe von Innovationen "die Kontrolle über ihre Zukunft"
wiedererlangen.
Die USA verbrauchten 20 Prozent des weltweit geförderten Öls, verfügten
aber über weniger als zwei Prozent der verbliebenen Reserven, rechnete
Obama der Nation vor. Weil die leicht zugänglichen Vorkommen fast erschöpft
seien, müsse inzwischen in 1500 Metern Meerestiefe gebohrt werden. Die
Ölpest sei "die bisher schmerzlichste und nachdrücklichste Ermahnung, dass
die Zeit zur Nutzung sauberer Energien gekommen ist", sagte Obama.
Vor der Rede Obamas hatte der Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, John
Boehner, vor höheren Energiesteuern gewarnt. Die gegenwärtige Krise solle
nicht dazu missbraucht werden, Familien und Kleinbetriebe zu belasten,
sagte Boehner.
Mehrheit laut Umfrage mit Reaktion Obamas nicht zufrieden
Obama verteidigte das Verhalten der Regierung. Washington habe vom ersten
Moment an Maßnahmen für eine Eindämmung der Ölpest ergriffen. Dank
verstärkter Bemühungen würden in den kommenden Wochen bis zu 90 Prozent des
austretenden Öls aufgefangen. Sobald im Lauf des Sommers eine
Entlastungsbohrung abgeschlossen sei, werde der Austritt des Rohöls
komplett gestoppt.
Dem Präsidenten war zuletzt vorgeworfen worden, sich nicht genug um die
Umweltkatastrophe zu kümmern. In einer am Dienstag veröffentlichten
Erhebung für die Nachrichtenagentur AP erklärten 52 Prozent der Befragten,
sie seien mit seiner Reaktion auf die Katastrophe nicht zufrieden.
Entsprechend entschlossen gab sich Obama im Kampf gegen die mächtige
Öllobby entschlossen. So soll das sechsmonatige Verbot neuer
Tiefseebohrungen vor den US-Küsten nicht eher gelockert werden, bis die
Ursache für die Havarie der von BP betriebenen Plattform im Golf geklärt
ist.
Der Präsident ernannte einen neuen Leiter für die in die Kritik geratene
Behörde für Rohstoffverwaltung (MMS): Der frühere Generalinspekteur im
Justizministerium, Michael Bromwich, soll diese Aufgabe übernehmen. Der
Kontrollbehörde war vorgeworfen worden, Bohrgenehmigungen erteilt zu haben,
obwohl die Ölkonzernen die gesetzlichen Auflagen nicht erfüllten.
Die langfristige ökologische Wiederherstellung der Golfküste nach der
Ölpest soll der frühere Gouverneur von Mississippi, Ray Mabus,
koordinieren. Medien hatten bereits im Vorfeld über die Rolle des
Sonderbeauftragten spekuliert und diesen als "Küsten-Zar" tituliert. Für
sämtliche Kosten aus der Katastrophe soll der BP-Konzern aufkommen und dazu
einen unabhängig verwalteten Fonds schaffen, aus dem die Ansprüche gedeckt
werden.
Die seit acht Wochen andauernde Ölpest verglich der Präsident mit einer
"Epidemie", deren Bekämpfung "mehrere Monate und sogar Jahre" dauern werde.
Um diese Aufgabe zu bewältigen, habe er die Entsendung von rund 17.000
Nationalgardisten entlang der betroffenen Südküste angeordnet. Diese Männer
und Frauen sollten die Strände säubern, vor Ort neue Helfer schulen und bei
der Antragstellung auf Entschädigungszahlung behilflich sein.
Am 20. April war die BP-Bohrinsel "Deepwater Horizon" explodiert und zwei
Tage später gesunken. Seitdem strömt nach neuen Schätzungen täglich bis zu
60.000 Barrel Öl aus einem Bohrloch in 1500 Metern Tiefe, das entspricht
etwa 9,5 Millionen Liter. Es ist die größte Ölkatastrophe in der Geschichte
der USA.
16 Jun 2010
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