# taz.de -- Kommentar Korruption in Frankreich: Diskrete Bourgeoisie | |
> Dem französischen Präsidenten NIcolas Sarkozy geht es nicht mehr um | |
> Korruption, sondern um die Sicherung seiner Rentenreform. | |
Bild: Arbeitsminister Eric Woerth soll 2007 für Sarkozys Präsidentschaftswahl… | |
In jedem anderen europäischen Land hätte ein Minister in einer | |
vergleichbaren Korruptionsaffäre längst den Hut nehmen müssen. Doch | |
Frankreich funktioniert anders - zur Verzweiflung gewisser | |
Oppositionspolitiker, die (bisher) erfolglos den Arbeitsminister Eric | |
Woerth wegen seiner privaten Kontakte zur Vermögensverwaltung der reichsten | |
Französin zu Fall bringen möchten. | |
Trotz mehrfacher Dementis ist es Woerth nicht gelungen, den Verdacht der | |
Interessenkonflikte oder gar Begünstigung von sich abzulenken. Man fragt | |
sich, warum Präsident Nicolas Sarkozy ihn so vehement in Schutz nimmt und | |
ihm sein "volles Vertrauen" ausspricht. | |
Die böswilligsten Kritiker der Regierung vermuten, dass dahinter die Angst | |
stecke, selber in den Strudel der Enthüllungen in dieser Affäre zu geraten, | |
die den diskreten Charme der Bourgeoisie und ihrer nützlichen Beziehungen | |
in aller Splendeur enthüllt. | |
In Wirklichkeit hat die resolute Rückendeckung der Staatsspitze für den | |
angegriffenen Minister einen ganz anderen Grund: Eric Woerth ist nicht mehr | |
für die Steuern und den von ihm (zusammen mit Steinbrück) lancierten | |
Kreuzzug gegen Steueroasen zuständig, sondern muss als neuer | |
Arbeitsminister die Rentenreform durchsetzen. | |
Sein unpopulärer Vorschlag, das gesetzliche Rentenalter von 60 auf 62 oder | |
63 Jahre hinaufzusetzen, macht ihm in Frankreich nicht viele Freunde. | |
Sarkozy kann es sich aber nicht leisten, diesen Mann auf einem | |
Schlüsselposten fallen zu lassen. Mit dessen Sturz würde auch die | |
Rentenreform diskreditiert, die für den Präsidenten höchste Priorität hat | |
und zum Test für seine Glaubwürdigkeit wird. Darum muss er sich mit dem | |
Hobbybergsteiger Woerth auf Gedeih und Verderben solidarisieren. | |
Sehr begeistert dürfte Sarkozy nicht sein, sich in einer so riskanten | |
Seilschaft mit einem Minister zu befinden, auf dessen Aufstiegschancen in | |
Frankreich niemand mehr einen Cent wetten würde. | |
29 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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