# taz.de -- Ministerpräsident McAllister: Wulffs Terrier wird Landesvater | |
> Ein Mann mit Doppelpass wird der jüngste Ministerpräsident, den | |
> Niedersachsen je hatte. David McAllister will den Kurs seines Vorgängers | |
> fortsetzen - und doch modern sein. | |
Bild: Erster Regierungschef mit doppelter Staatsangehörigkeit: David McAlliste… | |
Die ersten Landesvater-Fotos wurden schon vorweg geschossen: David | |
McAllister mit Betonfrisur und einem seiner beiden Mädchen auf dem Arm. Wie | |
erwartet ist McAllister dann mit einer deutlichen Mehrheit am Donnerstag | |
zum Ministerpräsidenten von Niedersachsen gewählt worden. Der bisherige | |
CDU-Fraktionschef im Landtag und Chef der Landespartei löst den neuen | |
Bundespräsidenten Christian Wulff ab. In einer seiner ersten Äußerungen | |
nach der Wahl versicherte McAllister, 39, er stehe für Kontinuität. | |
Der neue Ministerpräsident erhielt zwei Stimmen weniger, als die ihn | |
tragende CDU-FDP-Koalition zu vergeben hatte. Bei einer Enthaltung stimmte | |
die Opposition geschlossen mit Nein. In seiner Regierungserklärung betonte | |
McAllister, dass Niedersachsen auch eine Heimat für Zuwanderer sei. | |
"Rassismus und Fremdenfeindlichkeit dürfen und werden bei uns keinen Platz | |
haben", sagte er mit Blick auf den Übergriff auf eine jüdische Tanzgruppe | |
in Hannover vor anderthalb Wochen. Das Land, das im laufenden Jahr mit | |
einem Haushaltsdefizit von knapp 10 Prozent rechnen muss, nehme die | |
beschlossene Schuldenbremse ernst, sagte McAllister weiter. | |
Energiepolitisch gehöre die Zukunft den Erneuerbaren. Für eine | |
Übergangszeit könne aber auf Atomkraftwerke nicht verzichtet werden. Bei | |
den atomaren Endlagern im Land, dem Schacht Konrad, der Asse und dem | |
Erkundungsbergwerk Gorleben setze sich seine Regierung "für transparente | |
Verfahren und eine Beteiligung der Öffentlichkeit ein". | |
Wulff hatte McAllister von langer Hand zu seinem Nachfolger aufgebaut: 2003 | |
machte er ihn mit 32 Jahren zum jüngsten Fraktionsvorsitzenden | |
Deutschlands, 2008 überließ er ihm den Parteivorsitz. McAllister gilt als | |
großes politisches Talent. Als Fraktionschef im Landtag hat er Wulff den | |
Rücken frei gehalten. Als sein zeitweiliger Gegenspieler, der heutige | |
SPD-Chef Sigmar Gabriel, ihn einmal wegen seiner Angriffe als "Wulffs | |
Terrier" titulierte, schlug McAllister zurück: das sei immer noch besser | |
als "Schröders Mops". | |
McAllister sorgte mit jungenhaftem Charme und Verbindlichkeit dafür, dass | |
die CDU-FDP-Koalition im Land reibungslos funktionierte. Er gilt als gut | |
vernetzt. Mit dem ehemaligen FDP-Landtagsfraktionschef und jetzigen | |
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler ist er befreundet. | |
Der Sohn einer Deutschen und eines Schotten verbindet konservative und | |
moderne Elemente. Zu seinen Vorbildern rechnet er PolitikerInnen wie Ronald | |
Reagan, Margaret Thatcher und Helmut Kohl. In Berlin geboren und in Bad | |
Bederkesa zwischen Bremerhaven und Cuxhaven aufgewachsen, demonstriert er | |
gerne Traditionsverbundenheit. Er heiratete 2003 im Kilt und marschiert bei | |
den Umzügen seines Schützenvereins mit. | |
McAllister hält engen Kontakt zu seinem Heimatwahlkreis. Zwar weiß er, dass | |
auch viele Niedersachsen im Hamburger Hafen arbeiten oder von diesem leben. | |
Trotzdem hat er gegen eine weitere Elbvertiefung opponiert, die auch den | |
größten Containerschiffen eine bequeme Fahrt zu der weit landeinwärts | |
gelegenen Hansestadt ermöglichen soll. Er weiß, dass sich seine Wähler | |
hinterm Deich vor einer immer rasanter dahinströmenden Elbe fürchten. | |
McAllister weiß aber auch, dass sich die CDU der gesellschaftlichen | |
Entwicklung nicht verschließen darf: Er findet, dass gleichgeschlechtliche | |
Lebenspartnerschaften möglich sein sollen, und hat sich dafür eingesetzt, | |
die CDU für AusländerInnen zu öffnen. Er unterstützt die Familienpolitik | |
seiner Parteikollegin Ursula von der Leyen und hat den Klimawandel zur | |
"zentralen politischen Herausforderung unserer Zeit" erklärt. | |
1 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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