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# taz.de -- Ursachensuche nach Loveparade-Tragödie: Chaos beim Crowd-Management
> Weitere Einzelheiten des Desasters treten zu Tage: Der Ordnungsdienst war
> überfordert, die Polizei reagierte mit Verzögerung. Bundespräsident Wulff
> legt OB Sauerland den Rücktritt nahe.
Bild: Nach der Gedenkveranstaltung am Schauplatz der Loveparade-Katastrophe hin…
DUISBURG/BERLIN rtr/dpa/apn/afp | Bei der verhängnisvollen Loveparade in
Duisburg sollen nur 150.000 Menschen auf dem Gelände des alten
Güterbahnhofs gewesen sein. Das berichtet das Nachrichtenmagazin Focus.
Anhand von Luftaufnahmen gehe die Polizei intern von dieser Zahl aus.
Einige Stunden vor der Massenpanik, bei der 21 Menschen zu Tode kamen,
hatte der Loveparade-Organisator Rainer Schaller zum Besucherandrang
gesagt: "Da passen 1,6 Millionen Menschen drauf, die Zahl werden wir heute
nicht erreichen, höchstens 1,4 Millionen." Die amtliche Genehmigung für den
Veranstalter, die Berliner Lopavent GmbH, galt nach Informationen von
Spiegel Online für maximal 250.000 Menschen.
Der Focus berichtet, die Ermittler überprüften unter anderem die Frage,
warum der Polizeiführer nicht bereits nach dem ersten Hilferuf des
Veranstalters gegen 15.30 Uhr zur Gefahrenabwehr das Kommando auf dem
Gelände übernommen habe. "Auf diese Weise hätte man womöglich frühzeitig
die Eingangschleusen schließen und eine Massenpanik im Tunnel vor der Rampe
zum Festgelände verhindern können", heißt es in dem Bericht.
Laut Spiegel soll der vom Veranstalter eingesetzte Crowd-Manager, der aus
dem Container an der Hauptrampe den Publikumszugang steuern sollte, nach
eigenen Angaben bereits vor 15.00 Uhr Hilfe bei der Polizei angefordert
haben. Entgegen seinem Wunsch sei der Verbindungsbeamte neben ihm im
Container aber nicht weisungsbefugt gewesen. Außerdem habe der Polizist
kein Funkgerät gehabt. Dies habe dazu geführt, dass erst mit 30-minütiger
Verzögerung ein leitender Beamter eingetroffen sei. Aus Polizeikreisen hieß
es laut Spiegel, möglicherweise habe es eine solche Verspätung gegeben. Sie
sei aber nicht ins Gewicht gefallen.
Beschlagnahmte Überwachungsvideos weisen laut Spiegel darauf hin, dass der
Ansturm auf die Treppe, an der viele Opfer starben, auch durch die
Unachtsamkeit von Security-Mitarbeitern ausgelöst wurde. Ein Ordner sei
zunächst nicht eingeschritten, als um 16.16 Uhr ein Mann einen Schutzzaun
überstiegen habe und über die Treppe nach oben gelaufen sei. Diese Aktion
habe eine Kettenreaktion ausgelöst, so dass Hunderte Eingeschlossene zu der
Treppe gedrängt seien.
## Bundespräsident Wulff legt OB Sauerland Rücktritt nahe
Unterdesen hat Bundespräsident Christian Wulff den umstrittenen Duisburger
Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) an dessen politische Verantwortung
für die Loveparade-Katastrophe erinnert. Diese sei unabhängig von konkreter
persönlicher Schuld, sagte Wulff der Bild am Sonntag. Das werde Sauerland
genau abwägen müssen.
Sauerland wird vorgeworfen, Warnungen von Polizei und Feuerwehr im Vorfeld
des Events ignoriert zu haben, was er bestreitet. Er wurde bereits von
verschieden Seiten zum Rücktritt aufgefordert, weil er als Chef der für die
Genehmigung der Veranstaltung zuständigen Stadtverwaltung die politische
Verantwortung übernehmen müsse. Bislang lehnt er einen Rücktritt jedoch ab.
Neben Sauerland stehen weiterhin vor allem der Organisator der Loveparade,
Rainer Schaller, und seine Event-Firma in der Kritik.
Wulff regte die Ernennung eines Ombudsmanns an, der die Interessen der
Hinterbliebenen vertreten könne. Am Samstag hatten Tausende Menschen in
Duisburg Abschied von den 21 Todesopfern der Katastrophe genommen. An dem
Gedenkgottesdiesnt nahmen neben dem Bundespräsidenten auch Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) teil.
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hielt als einzige Politikerin
eine Ansprache. Adolf Sauerland und Rainer Schalle waren der Messe in der
Duisburger Salvatorkirche erngeblieben. Im Anschluss daran begaben sich
rund 5.000 Menschen für eine privat organisierte Veranstaltung zum
Unglücksort.
Auch am Sonntag wollen erneut Trauernde durch Duisburg ziehen. Für zehn Uhr
war zunächst eine Kundgebung mit Altoberbürgermeister Josef Krings (SPD)
geplant. Eine Stunde später wollen die Menschen in einem Trauerzug zur
Unglücksstelle am alten Güterbahnhof ziehen. Die Polizei erwartet Hunderte
oder sogar erneut einige Tausend Besucher.
Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller hat bisher noch keinen Kontakt zu
den Opferfamilien aufgenommen. "Ich glaube, das wäre eine falsche Geste. In
der jetzigen Phase der Trauer möchte ich nicht stören", sagte Schaller der
Bild am Sonntag. "Ich will keine Dinge machen, die von den Angehörigen als
provozierend empfunden werden könnten." Zu einem späteren Zeitpunkt möchte
sich Schaller nach eigenen Worten aber mit den Angehörigen der Opfer
treffen.
Der Unternehmer sagte der BamS, er wolle sich vor Gesprächen mit den
Hinterbliebenen zunächst auf die Aufklärung der Katastrophe konzentrieren:
"Das ist jetzt meine wichtigste Aufgabe." Schaller kündigte an, sich der
eigenen Verantwortung zu stellen: "Für mich ist erst einmal wichtig,
aufzuklären, wer welche Verantwortung trägt. Und welche Verantwortung wir
dabei haben. Und diese Verantwortung werden wir dann tragen. Auch ich
persönlich."
1 Aug 2010
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