Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommenatar Trauer in Duisburg: In die Parade gefahren
> In ein paar Wochen wird sich niemand mehr für Duisburg interessieren.
> Trauer und Wut der Einwohner werden aber bleiben.
Es war ein trostloser Tag in einer trostlosen Stadt. Aus den erwarteten
100.000 Besuchern der Gedenkveranstaltungen für die Opfer der Loveparade
wurde nichts am Wochenende in Duisburg. Auch die Demonstrationen gegen den
rücktrittsrenitenten OB Adolf Sauerland hielten sich bisher mengenmäßig in
sehr überschaubaren Grenzen. Haben die Duisburgerinnen und Duisburger etwa
keinen Bock auf Trauer und Wut?
Im Gegenteil. Wer in diesen Tagen durch die Straßen der einst stolzen
Stahlstadt geht, wird schnell feststellen, wie traurig und wie wütend die
Menschen über die Ereignisse sind. Aber deswegen gehen sie noch nicht zu
einem Public-Viewing-Gottesdienst ins MSV-Stadion. Auch bringt ihre Abscheu
vor dem schäbigen Verhalten Sauerlands sie nicht dazu, das Rathaus zu
stürmen. Eine Woche nach der Katastrophe bei der Loveparade zeigt sich das
ganze Dilemma Duisburgs, dem der Strukturwandel so übel mitgespielt hat.
Die Arbeitslosenquote lag im vergangenen Monat mit 13,3 Prozent weit über
dem Landesdurchschnitt. Die Zahl der Einwohner ist seit den 1970er Jahren
um 100.000 auf 493.000 geschrumpft. Es sind vor allem die Deklassierten und
Prekarisierten, die hier bleiben. Ihnen fehlt die Kraft zum Kämpfen.
Demgegenüber steht ein Medienrummel, der längst groteske Züge angenommen
hat. Kaum ein Loveparade-Teilnehmer, der nicht mindestens dreimal von
irgendwelchen Journalisten nach seinem Er- und Überleben befragt wurde:
immer voll drauf. Die Trauerfeier am Samstag in der Duisburger
Salvatorkirche wurde von gleich drei öffentlich-rechtlichen Sendern live
übertragen. Das grenzt schon an Gleichschaltung.
Da kann es eben passieren, dass ein solcher realitätsferner Hype zu
grandiosen Fehleinschätzungen von Besucherzahlen führt. In ein paar Wochen
wird sich niemand mehr für Duisburg interessieren, so ist das Business.
Trauer und Wut der Duisburger aber werden bleiben.
2 Aug 2010
## AUTOREN
Pascal Beucker
## ARTIKEL ZUM THEMA
Medienethiker über Loveparade-Berichte: "So entsteht regelrechter Hass"
Die mediale Personalisierung im Fall der Loveparade reduziert komplexe
Sachverhalte und schafft so einen Sündenbock, beklagt Medienethiker
Christian Schicha.
Sicherheitsvorschriften bei Partys: Jeder Spaß ist illegal
Nach der Katastrophe in Duisburg wird über die Nichteinhaltung von Vorgaben
gestritten. Die Gesellschaft braucht beides: die Befolgung von Regeln wie
den Regelbruch.
Erwartetes Aus für Duisburger Bürgermeister: Sauerland will seinen Sturz abfe…
Nach dem Loveparade-Debakel wird der Duisburger Oberbürgermeister wohl
abtreten müssen. Eine Abwahl soll dem 55-Jährigen Altersbezüge sichern.
Nach Loveparade-Desaster: Abschiednehmen in Duisburg
Die Stadt gedenkt in einer Trauerfeier der bei der Loveparade 21 Getöteten.
Doch weit weniger Menschen als erwartet nehmen teil.
Ursachensuche nach Loveparade-Tragödie: Chaos beim Crowd-Management
Weitere Einzelheiten des Desasters treten zu Tage: Der Ordnungsdienst war
überfordert, die Polizei reagierte mit Verzögerung. Bundespräsident Wulff
legt OB Sauerland den Rücktritt nahe.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.