# taz.de -- Kommentar Sorgerecht für Väter: Vater ist nicht gleich Vater | |
> Den Vätern wird mit dem gemeinsamen Sorgerecht ein Recht garantiert, das | |
> ihnen zusteht. Doch die Mehrheit von ihnen muss erst noch ihre Fähigkeit | |
> dazu beweisen. | |
Die Rechtslage ist ab jetzt eindeutig: Künftig haben ledige Väter das | |
gleiche Recht auf ihre Kinder wie verheiratete Väter. Der Gesetzentwurf ist | |
zeitgemäß: Es gibt immer weniger Eheschließungen und immer mehr Paare, die | |
ohne Trauschein miteinander leben. Und überhaupt: Warum sollten | |
verheiratete und ledige Väter unterschiedlich behandelt werden? Vater ist | |
doch gleich Vater. Aber genau hier liegt ein Knackpunkt: Vater ist eben | |
nicht immer gleich Vater. | |
Es gibt immer mehr Männer, die sich liebevoll und ausreichend um ihren | |
Nachwuchs kümmern. Dieser Realität folgt der Gesetzentwurf. Es gibt aber | |
auch Väter, die allein aus einem Machtinstinkt heraus auf das gemeinsame | |
Sorgerecht pochen. Sie wollen juristisch auch dann Vater bleiben oder es | |
werden, selbst wenn sie es im Alltag schon lange nicht mehr sind oder es | |
noch nie waren. Gemeint sind all jene, die keinen oder zu wenig Unterhalt | |
zahlen. Laut Statistik sind das mehr als die Hälfte. Andere sehen ihre | |
Kinder höchstens am Wochenende und wissen dann nicht, was sie mit ihnen | |
machen sollen. Auch sie sind keine Ausnahme. | |
Zudem gibt es viele Väter, die durchaus aktive Väter sein wollen, das aber | |
de facto nicht hinbekommen. Sie bemerken erst nach einer Trennung, dass | |
gleiche Rechte auch gleiche Pflichten bedeuten. | |
Natürlich gibt es auch viele Mütter, die ihrer Sorgepflicht nicht | |
ausreichend nachkommen. Der Unterschied ist nur, dass unsere Gesellschaft | |
die Kindererziehung in der Vergangenheit den Frauen überantwortet hat. | |
Nolens volens hat sich so eine weibliche Verantwortungskultur | |
herausgebildet. Hier herrscht auf männlicher Seite noch Nachholbedarf. Ein | |
Stichwort wäre Teilzeit auch für Männer als Normalfall. | |
Wünschenswert wäre also, wenn der Gesetzgeber Kriterien verfasste, die | |
künftig in Sorgerechtsverhandlungen einbezogen werden und die die | |
tatsächliche Sorge für Kinder beschreiben: Verantwortung, Bindung zwischen | |
Kind und Elternteil, Empathie - Grundsätze also, die Eltern erst zu Eltern | |
machen. | |
Den Vätern, egal ob ledig oder verheiratet, wird mit dem gemeinsamen | |
Sorgerecht ein Recht garantiert, das ihnen formal und wegen des | |
Gleichheitsgrundsatzes zusteht. Doch so anmaßend es klingt: Die Mehrheit | |
der Väter muss erst noch beweisen, dass sie in der Realität mit dem neuen | |
Recht etwas Sinnvolles anfangen kann. | |
3 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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