# taz.de -- Gleichbehandlung bei Erbschaftssteuer: Homo-Rechte nach dem Tod | |
> Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Rechte von Homo-Witwen und | |
> -Witwern: Bei der Besteuerung ihrer Erbschaften dürfen sie nicht länger | |
> benachteiligt werden. | |
Bild: Werden bei der Erbschaftssteuer nicht länger diskriminiert: homosexuelle… | |
Das Bundesverfassungsgericht beendet die Diskriminierung von Homo-Ehen bei | |
der Erbschaftssteuer. Das Urteil hat vor allem Wirkung für die | |
Vergangenheit, da der Gesetzgeber manche Ungleichbehandlung 2008 schon | |
abgebaut hat oder sie demnächst abbauen wollte. Rückwirkend muss nun aber | |
bei allen Erbfällen ab 2001 die Erbschaftssteuer neu berechnet werden. | |
Die Einführung der eingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle war eines | |
der großen Reformprojekte von Rot-Grün. Allerdings blieben den | |
Hono-Partnerschaften zunächst viele Privilegien der Ehe verwehrt, weil die | |
CDU/CSU über den Bundesrat eine weitgehende Gleichstellung blockierte. | |
Diese Unvollständigkeit der Reform hatte auch Folgen im Todesfall eines der | |
Partner. | |
Zwar waren eingetragene Partnerschaften im gesetzlichen Erbrecht den Ehen | |
fast gleichgestellt. Auch ohne Testament erbte also der Überlebende | |
Lebenspartner wie ein Ehegatte. Bei der Besteuerung der Erbschaft wurden | |
die Lebenspartner allerdings weiter behandelt, als ob es die rechtliche | |
Partnerschaft gar nicht gäbe. | |
Ehegatten erhielten damals einen Freibetrag von 600.000 Mark (307 000 Euro) | |
und zusätzlichen einen Versorgungsfreibetrag von 500 000 Mark (256 000 | |
Euro). Bei den überlebenden Homopartnern blieb dagegen nur ein mickriger | |
Freibetrag von 10.000 Mark (5200 Euro) von der Steuer verschont. | |
Auch bei den Steuersätzen für das Erbvermögen, das über den Freibeträgen | |
liegt, war der Unterschied eklatant. Während Ehegatten (je nach Höhe der | |
Summe) 7 bis 30 Prozent Erbschaftssteuer zahlen mussten, wurden | |
Homo-Partner mit 17 bis 50 Prozent des steuerpflichtigen Erbes zur Kasse | |
gebeten. | |
Gegen diese Ungleichbehandlung hatten ein Mann aus Köln und eine Frau aus | |
Niedersachsen durch die Instanzen geklagt. Der Mann musste nach dem Tod | |
seines Partners 2001 immerhin 61 295 Mark Erbschaftssteuer bezahlen, bei | |
der Frau wurden 2002 nach dem Tod ihrer Partnerin 12 040 Mark fällig. Als | |
Ehegatten hätten sie beide aufgrund der hohen Steuerfreibeträge keine | |
Erbschaftssteuer zahlen müssen. | |
Darin sah der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts nun eine sachlich | |
nicht begründete Ungleichbehandlung. Das Grundgesetz verpflichte den Staat | |
zwar die Ehe zu fördern, aber nicht andere Lebensgemeinschaften zu | |
diskriminieren. Die Tatsache, dass in Homo-Ehen keine Kinder gezeugt werden | |
können, rechtfertige nicht die Ungleichbehandlung bei der Erbschaftssteuer, | |
da Ehegatten auch dann bevorzugt werden, wenn die Ehe kinderlos blieb. | |
Für eine Gleichbehandlung spreche dagegen, dass eingetragene Homopaare wie | |
Ehegatten "in einer auf Dauer angelegten rechtlich verfestigten | |
Partnerschaft" leben. Auch sie erwarten, "den gemeinsamen Lebensstandard im | |
Fall des Todes eines Lebenspartners halten zu können." | |
Für die Gegenwart und Zukunft rennt Karlsruhe mit dieser Entscheidung | |
offene Türen ein. Schon bei der Reform der Erbschaftssteuer Ende 2008 hat | |
die große Koalition die Homopaare bei den Freibeträgen gleichgestellt. | |
Sowohl Ehegatten als auch Lebenspartner haben nun Freibeträge von 500.000 | |
Euro plus einem zusätzlichen Versorgungsfreibetrag von 256. 000 Euro. Zwar | |
blieb die Ungleichbehandlung bei den Steuersätzen damals noch bestehen. | |
Doch diese sollte auf Druck der FDP nun im Jahressteuergesetz 2010 | |
ebenfalls beendet werden. | |
Die Entscheidung des Verfassungsgerichts hat deshalb vor allem Wirkung für | |
Altfälle. Auch wenn der Erbschaftssteuerbescheid nicht angegriffen wurde, | |
muss das Finanzamt die Homo-Witwen und -Witwer nachträglich wie Ehegatten | |
behandeln. Der Bundestag muss dazu bis Jahresende eine gesetzliche Regelung | |
schaffen. | |
Derzeit gibt es rund 25 000 eingetragene Partnerschaften in Deutschland. Da | |
sich auch viele ältere Homo-Paare registrieren ließen, dürfte die Zahl der | |
Erbfälle seit 2001 durchaus ins Gewicht fallen. | |
17 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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