# taz.de -- Kita-Gebühren: Kindergarten umsonst | |
> Eltern starten Volksinitiative: Jedes Kind ab zwei Jahren soll | |
> kostenfreien Sechs-Stunden-Platz erhalten. Sozialsenator Wersich nennt | |
> Forderung "maßlos". | |
Bild: Aufgebracht: Die Elterninitiative gegen höhere Kita-Gebühren. | |
Pünktlich zum gestrigen Beginn der Sparklausur des Senats ließ der | |
Landeselternausschuss (LEA) eine Bombe platzen. Die Eltern starten eine | |
Volksinitiative mit dem Ziel einer weitgehend kostenfreien Kinderbetreuung. | |
Um diesen Schritt abzuwenden, hatte es zuvor Gespräche zwischen LEA und | |
CDU-Sozialsenator Dietrich Wersich gegeben, die aber nicht erfolgreich | |
waren. | |
Die Eltern fordern, dass der allgemeine Kita-Rechtsanspruch, von dem auch | |
Kinder nicht-berufstätiger Eltern profitieren, bereits für Zweijährige gilt | |
und von fünf auf sechs Stunden täglich verlängert wird. Diese | |
Basisbetreuung soll für alle Eltern kostenlos sein. Eltern, die eine | |
längere Betreuung benötigen, sollen für die Differenz einen Eigenanteil | |
zahlen, allerdings in Höhe der alten Gebühren. Und das zusätzlich erhobene | |
Essensgeld soll ganz entfallen. | |
Außerdem sollen 25 Prozent mehr Erzieher eingestellt werden, um Zeit für | |
"mittelbare Pädagogik" wie Vor- und Nachbereitung zu schaffen. Unterm | |
Strich rechnet der Landeselternausschuss mit Mehrausgaben von 200 Millionen | |
Euro im Jahr. "Wir wollen, dass der Bürger entscheidet, wofür Geld | |
ausgegeben wird", sagt LEA-Sprecherin Claudia Wackendorff. "Für | |
Wirtschaftspolitik, Umwelthauptstadt oder eben frühkindliche Bildung." | |
Die Volksinitiative will in einer ersten Stufe bis Ende Oktober 10.000 | |
Unterschriften sammeln. Gelingt dies, käme im Februar oder März die zweite | |
Stufe, das Volksbegehren, für das 62.000 Unterschriften nötig sind. Denkbar | |
wäre, dass dann der Senat eine rechtliche Prüfung beim Verfassungsgericht | |
beantragt. GAL-Fraktions-Chef Jens Kerstan sagte gestern bereits, er | |
bezweifle, dass die Abschaffung von Gebühren Gegenstand eines | |
Volksentscheid sein dürfe. Der LEA nennt als Vorbild eine ähnliche | |
Volksinitiative in Berlin. "Es gab rechtliche Bedenken, aber wir haben | |
sämtliche Rechtsfragen durch einen Jura-Professor klären lassen", sagt | |
Wackendorff. | |
Sozialsenator Wersich reagierte harsch. Die Forderungen seien "völlig | |
maßlos" und angesichts der jetzigen Haushaltslage "rücksichtslos gegenüber | |
allen anderen wichtigen Aufgabenfeldern". Er habe bis zuletzt mit dem | |
Elternausschuss verhandelt, um zu einem "realistischen und maßvollen" | |
Kita-Ausbau zu kommen. Vorstellbar seien mehr Sprachförderung, eine bessere | |
Betreuer-Kind-Relation in sozialen Brennpunkten und eine | |
Essensgeld-Ermäßigung für Geschwister. Auch die GAL-Abgeordnete Christiane | |
Blömeke bedauert, dass es nicht zu einer Einigung kam. Sollte sich der | |
Volksentscheid durchsetzen, sieht sie Hamburgs "Vorreiterrolle bei der | |
Vereinbarkeit von Familie und Beruf" in Gefahr. | |
Doch dem LEA war das, was Wersich anbot, zu wenig. So sollte es das | |
ermäßigte Essengeld nur im Hortbereich geben. Dabei im Senat sogar schon | |
diskutiert worden, ob der Kita-Bereich nicht ganz von Sparmaßnahmen | |
ausgenommen werden sollte. "Der Senator", sagt Wackendorff, könne die | |
Volksinitiative auch als "Rückenstärkung" verstehen, "die angemessenen | |
Gelder einzufordern". | |
20 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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