| # taz.de -- Neue Studie zu Frauen im Beruf: Parallelgesellschaft Mütter | |
| > Über fünf Millionen Frauen bilden eine unsichtbare Parallelgesellschaft | |
| > zur Welt der Berufstätigen. Vor allem Mütter mit anstrengenden Berufen | |
| > bleiben lange zu Hause. | |
| Bild: Wie viele von ihnen gehen zurück in den Beruf? Mütter arbeiten noch imm… | |
| Näherinnen, Friseurinnen und Gymnasiallehrerinnen bleiben durchschnittlich | |
| 16 Jahre zu Hause, wenn sie Mutter werden. Das ergab eine Studie des | |
| Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), die das Institut am Mittwoch auf einer | |
| Tagung über nicht erwerbstätige Frauen diskutierte. Sozialarbeiterinnen, | |
| Unternehmerinnen, Stewardessen und Verkäuferinnen nehmen hingegen eine | |
| Familienauszeit von vier bis sieben Jahren. | |
| "Körperlich anstrengende Berufe, solche mit Arbeitszeiten bis zu | |
| wöchentlich 46 Stunden sowie ein monotoner Arbeitsalltag verzögern die | |
| Rückkehr von Frauen in den Beruf", erklärt der Sozialwissenschaftler Stefan | |
| Stuth das Phänomen. "Frauen in Berufen mit flexiblen Arbeitszeiten und in | |
| Jobs mit Wochenendarbeit kehren schneller in die Arbeitswelt zurück", sagt | |
| der WZB-Mitarbeiter, der an der Studie mitwirkte. Denn: "Am Wochenende | |
| kümmert sich der Mann um die Kinder." | |
| Insgesamt arbeiten 5,6 Millionen Frauen zwischen 25 und 60 Jahren nicht, | |
| weil sie für die Familie da sein wollen oder es müssen. Sie bilden eine | |
| Parallelgesellschaft, die unsichtbar ist: Sie sind nicht arbeitslos | |
| gemeldet. Das WZB sieht darin "verschenkte Potenziale". | |
| Denn etwa 80 Prozent von ihnen wollen arbeiten. "Aber die meisten haben die | |
| Hoffnung auf eine Rückkehr in den Beruf aufgegeben", sagt WZB-Präsidentin | |
| Jutta Allmendinger. Grund dafür sind "sowohl individuelle als auch | |
| gesellschaftliche Präferenzen": Müssen sich Frauen zwischen ihrem Job und | |
| der Familie entscheiden, wählen viele die Familie. Warum? | |
| Weil es nicht genügend Kinderbetreuungseinrichtungen gibt. Allein dadurch | |
| werden Mütter vielfach gegen ihren Willen aus dem Arbeitsleben gedrängt. | |
| Arbeitsmarktexpertin Allmendinger versteht daher nicht, dass nur 30 Prozent | |
| der Kinder unter drei Jahren bis 2013 einen Kita-Platz bekommen sollen: | |
| "Warum nicht alle?" | |
| Die betroffenen Frauen äußerten in der Studie aber auch, dass sie durch | |
| ihren Jobausstieg Diskriminierungen auf dem Karriereweg und beim Einkommen | |
| vermeiden wollten. In fast allen Bereichen stoßen Frauen an die berühmte | |
| gläserne Decke: Frauen in Topjobs sind in Deutschland rar. Noch immer | |
| verdienen Männer deutlich mehr als Frauen, der sogenannte Gender Pay Gap | |
| beträgt in Deutschland 23 Prozent. | |
| Der Gehaltsunterschied vergrößert sich nach der Rückkehr der Frauen in den | |
| Beruf: Sie gelten als nicht mehr so qualifiziert. Darüber hinaus arbeiten | |
| die meisten Mütter Teilzeit. 53 Prozent der Frauen, die vor ihrer | |
| Familienpause Vollzeit gearbeitet haben, hocken als Mütter auf einer | |
| Teilzeitstelle. Nur drei Prozent arbeiten auch nach der Erziehungsphase | |
| wieder voll. 44 Prozent der "Rückkehrerinnen" wechseln in eine geringfügige | |
| Beschäftigung, 22 Prozent in einen Minijob. | |
| Das Bundesfrauenministerium will die "verschenkten Potenziale" auffangen | |
| und leitete im März 2008 das Aktionsprogramm "Perspektive Wiedereinstieg" | |
| ein. Leider ist die Aktion weitgehend unbekannt. Und die Zielgruppe | |
| erreicht sie nicht. | |
| Und was tut die Wirtschaft? Die würde stark von Gender-Maßnahmen | |
| profitieren, beispielsweise durch Betriebskitas. Das beweisen Länder wie | |
| Schweden und Norwegen. Jürgen Wuttke von der Bundesvereinigung der | |
| Deutschen Arbeitgeberverbände wiegelt ab: "Es ist illusorisch, wenn wir bei | |
| der Kinderbetreuung Verhältnisse wie in Skandinavien erreichen wollen." | |
| 24 Sep 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
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