# taz.de -- Familien-Studie: Lieber Zeit statt Geld | |
> Wer braucht schon Steuersenkungen? Eine Studie hat ergeben: Väter wollen | |
> lieber weniger arbeiten, Mütter mehr. | |
Bild: Was wirklich zählt: Zeit für die Familie. | |
Dürften sich berufstätige Mütter und Väter etwas wünschen, wären das weder | |
Steuersenkungen noch die stärkere Jagd nach Hartz-IV-Missbrauchern, sondern | |
schlicht mehr Zeit. Das ergab der Familienmonitor 2010 des Instituts für | |
Demoskopie Allensbach, den die CDU-nahe "Gesellschaft zum Studium der | |
öffentlichen Meinung" gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Kristina | |
Schröder (CDU) am Dienstag vorstellte. Danach beklagen 69 Prozent der | |
Bevölkerung insgesamt und 78 Prozent der Eltern mit minderjährigen Kindern, | |
dass sie ihr Familien- und Berufsleben schlecht miteinander vereinbaren | |
können. | |
Kristina Schröder deutete die Ergebnisse der Studie in ihrem Sinne. "Nicht | |
Geld, nicht Infrastruktur, sondern Zeit ist die Leitwährung moderner | |
Familienpolitik", sagte sie. Im Zuge des Sparpakets der Bundesregierung | |
hatte die Familienministerin das Elterngeld für Hartz-IV-EmpfängerInnen | |
ebenso gestrichen wie die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verlängerung der | |
Vätermonate. | |
Eltern haben klare Vorstellungen davon, wer für die Verbesserung ihrer | |
Situation zuständig ist: 92 Prozent erwarten dies vom Staat und 91 Prozent | |
von den Unternehmen. Und sie sagen auch, was für sie am nötigsten ist: | |
flexiblere Öffnungszeiten von Kitas und Schulen, Ganztagsbetreuung und | |
Mittag in der Schule. | |
Außerdem wünschen sie sich flexiblere Arbeitszeiten. An dieser Stelle | |
klafft eine besonders große Lücke, vor allem bei gewünschter und realer | |
Arbeitszeit. So würden 60 Prozent der berufstätigen Väter mit Kindern unter | |
18 Jahren lieber weniger arbeiten, als sie es jetzt tun. Ein Drittel der | |
befragten Väter arbeitet bis zu 50 Stunden wöchentlich, 24 Prozent sogar | |
noch länger. Bei den Müttern ist es umgedreht: 41 Prozent würden gern | |
länger arbeiten. Sie sind in der Regel teilzeitbeschäftigt mit unter 20 | |
Stunden und hätten gern mehr Stunden. Als ideale wöchentliche Arbeitszeit | |
gaben Frauen sowie Männer 36 bis 40 Stunden an. "Wir brauchen mehr | |
vollzeitnahe Teilzeitstellen", sagte Ministerin Schröder. | |
Die Studie offenbart aber auch, dass bei vielen Vätern nach wie vor die | |
Becksche Formel gilt: verbale Aufgeschlossenheit bei anhaltender | |
Verhaltensstarre, wie der Soziologe Ulrich Beck mal formuliert hatte. Die | |
meisten Väter, die in Elternzeit waren, haben diese Zeit zwar als | |
Bereicherung empfunden und knapp die Hälfte der Männer mit Kinderwunsch | |
könnte sich "vielleicht" vorstellen, die beiden Vätermonate zu nehmen. Aber | |
tatsächlich in Elternzeit gegangen sind laut Allensbach-Studie nur fünf | |
Prozent der Väter. Fast ein Drittel der Väter ist der Meinung, dass | |
Kindererziehung und -betreuung nicht zu ihren Aufgaben gehören. Jeder | |
fünfte will lieber Karriere machen und arbeitet deshalb außerordentlich | |
viel. Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher nannte auch strukturelle | |
Gründe für die väterliche Abstinenz: "Viele Betriebe sehen es nicht gern, | |
wenn Väter Elternzeit nehmen. Häufig entstehen ihnen dadurch Nachteile." | |
Außerdem müssten sich viele Familien finanziell einschränken, wenn der | |
Vater pausiert. | |
Um das Familienbewusstsein in den Unternehmen zu stärken, will das | |
Familienministerium im Oktober gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und | |
Handelskammertag die Initiative "Flexible Arbeitszeiten" starten. | |
Zur gerechten Vereinbarkeit von Familie und Beruf zählen Frauen und Männer | |
inzwischen auch die Pflege Angehöriger. Die ist für die meisten ebenso | |
schlecht zu organisieren wie die Kinderbetreuung. | |
31 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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