# taz.de -- Bahnprojekt Stuttgart 21: Noch isch nix gschwätzt | |
> Gegner und Befürworter brauchten erst die Hilfe des Stadtdekans, um | |
> miteinander zu reden. Doch das Ergebnis der Gespräche ist für die | |
> Aktivisten ernüchternd. | |
Bild: Eine Aktivistin von Campact kämpft vor dem Bundesrat in Berlin gegen Stu… | |
Die Gegner und Befürworter des Bahnprojektes Stuttgart 21 haben bei ihrem | |
ersten offiziellen Gespräch am Freitag keine Annäherung erzielt. "Im | |
Prinzip war das ergebnislos", sagte Gangolf Stocker, Sprecher des | |
Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, im Anschluss an das Treffen. | |
Möglicherweise gebe es ein weiteres Treffen, das in der nächsten Woche | |
stattfinden müsse. Dabei könnten dann auch Experten hinzugezogen werden, | |
kündigte der Initiator des Treffens, Stadtdekan Michael Brock, am Freitag | |
in Stuttgart an. Volker Kefer, Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn, | |
lehnte einen Baustopp aber weiter ab: "Ein Moratorium kommt für uns nicht | |
in Frage." | |
Bahn, Bund und das Land Baden-Württemberg planen, den Stuttgarter | |
Hauptbahnhof in einen Tunnel zu verlegen, um den bisherigen Kopfbahnhof in | |
einen Durchgangsbahnhof zu verwandeln. Die Gegner des Projektes warnen vor | |
exorbitanten Baukosten in Milliardenhöhe und befürchten | |
Verkehrsverschlechterungen im Regionalverkehr; zudem wollen sie die | |
einzigartige Bahnhofsarchitektur bewahren. | |
Die Befürworter versprechen sich vor allem eine schnellere Anbindung | |
Stuttgarts an den Fernverkehr. Seit Wochen machen die Gegner mit | |
regelmäßigen Großdemonstrationen gegen den bereits begonnenen Abriss des | |
alten Bahnhofes mobil. Am Donnerstagabend demonstrierten erstmals rund | |
2.000 Befürworter des Projekts. Dabei seien auffällig viele Männer zwischen | |
30 und 40 Jahren auf die Straße gegangen, so ein Augenzeuge. "Ich | |
bezweifle, dass diese Business-Typen die Zeit aufbringen, häufig zu | |
demonstrieren." | |
Projektgegner Stocker zeigte sich im Anschluss an das Treffen am Freitag | |
ernüchtert. "Die Vertreter der Bahn hatten keinen Verhandlungsspielraum." | |
Dies müsse sich bei künftigen Gesprächen ändern. "Man kann doch nicht | |
während der Gespräche den Südflügel des Bahnhofs abreißen." Dabei habe sich | |
die Seite der Gegner bewegt, sie bestehe nicht mehr auf ein Moratorium. | |
Möglicherweise ergebe sich aber aus dem Bauablaufplan eine Phase, in der | |
Ruhe auf der Baustelle einkehre. "Wir können doch nicht gemeinsam auf eine | |
Brücke gehen, wenn einer schon anfängt, sie einzureißen." | |
Stocker kündigte an, dass die Proteste gegen das Projekt fortgesetzt | |
würden. Für Freitag Abend war wieder eine Großdemonstration geplant. Der | |
Protest erreichte am Freitag auch die Bundeshauptstadt. Rund 40 | |
Bahnkritiker demonstrierten vor dem Bundesrat, wo sie den | |
baden-württembergischen Ministerpräsiden Stefan Mappus (CDU) erwarteten, | |
der allerdings in Stuttgart blieb. Ihre Kritik: In Stuttgart würden | |
Steuermilliarden verschwendet, die der Bahn für wichtigere Projekte | |
fehlten, zum Beispiel für den Ausbau des Nah- und Güterverkehrs. "Stefan | |
Mappus hat sich in das Projekt Stuttgart 21 verbissen und muss aufpassen, | |
dass es ihm nicht im Hals stecken bleibt", hieß es. | |
Mappus ließ sich von den Protesten nicht beeindrucken. "Stuttgart 21 hat | |
begonnen, wird gebaut und ist ein Jahrhundertbauwerk für das Land", sagte | |
er am Freitag. "Meine Hand ist ausgestreckt bei der Ausgestaltung des | |
Projekts." Einen Baustopp werde es nicht geben. Als Stoff der Diskussion | |
mit den Gegnern komme allenfalls die Gestaltung der Innenstadt in Frage. | |
Mappus präsentierte auch die neue Doppelspitze des Kommunikationsbüros des | |
Projektes. Der ehemalige Stuttgarter Regierungspräsident Udo Andriof (CDU) | |
und der Unternehmensberater Wolfgang Dietrich werden die Nachfolger des | |
SPD-Politikers Wolfgang Drexler als Sprecher für Stuttgart 21. Drexler war | |
als Projektsprecher zurückgetreten, weil seine Partei mittlerweile eine | |
Volksabstimmung über das Projekt fordert. | |
24 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Stuttgart 21 | |
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