# taz.de -- Donnerstag-Ticker „Stuttgart 21“-Proteste: Bürgermeister „be… | |
> Auch der Stuttgarter Bürgermeister räumte ein, dass Kinder und | |
> Jugendliche einer angemeldeten Schülerdemo durch den massiven | |
> Polizeieinsatz verletzt worden seien. | |
Bild: Wasserwerfer gegen die Demonstrierenden, darunter auch Kinder. | |
STUTTGART taz/dpa/dapd | Der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang | |
Schuster (CDU) hat indirekt eingeräumt, dass bei dem Polizeieinsatz gegen | |
Demonstrierende im Schlossgarten der Stadt am Donnerstag auch Kinder | |
verletzt wurden. „Es war ein trauriger Tag für Stuttgart. Die Vorkommnisse | |
machen sehr betroffen. Ich bedauere sehr, dass Menschen verletzt wurden und | |
vor allem dass Kinder und Jugendliche zu Schaden gekommen sind“, erklärte | |
er am Abend. | |
Es werde derzeit geprüft, wie es dazu kommen konnte. „Klar ist bislang: Es | |
gab eine Genehmigung für die Demonstration, die am 24. September von einer | |
Vertreterin der ‚Jugendoffensive gegen Stuttgart 21‘ angemeldet wurde.“ | |
Diese Organisation bezeichne sich als „revolutionär sozialistisch“. | |
Schuster rief „alle - ob Sie für oder gegen Stuttgart 21 sind -“ zur | |
Deeskalation auf. | |
Eskalation forderte hunderte Verletzte | |
Der Konflikt um das Milliarden-Bahnprojekt „Stuttgart 21“ eskaliert seit | |
Donnerstag Mittag. Mit einem Großaufgebot und einem massiven Einsatz von | |
Knüppeln, Wasserwerfern, Reizgas und Pferden versucht die Polizei, Teile | |
des Stuttgarter Schlossgartens zu räumen und abzusperren. Dort sollen die | |
ersten von insgesamt 300 teilweise uralten Bäumen für den Umbau des | |
Hauptbahnhofes gefällt werden. Auch der Landtag wurde abgeriegelt. Laut | |
Teilnehmern sind mehr als 12.000 Demonstrierende in den Park gekommen, | |
darunter auch 1.000 SchülerInnen der angemeldeten Demonstration. | |
Bei dem Polizeieinsatz gab es bereits am Donnerstagabend hunderte | |
Verletzte. Etwa 400 Demonstrierende wurden mit Augenverletzungen behandelt. | |
Hinzu kamen etliche Prellungen, Platzwunden, Nasenbrüche und andere | |
Verletzungen. Eine Aktivistin der Stuttgarter Initiative „Parkschützer“ | |
berichtete vor Ort von „100 verletzten Kinder, davon ein Schädel-Basisbruch | |
und eine gebrochene Hand bei einem Achtjährigen“. | |
Ein Ende der Proteste ist indes nicht abzusehen. Zwei Demonstrierende | |
hätten sich nach Angaben der Projektgegner in Röhren einbetonieren lassen, | |
drei Menschen seien in Metallrohren um einen Baum angekettet, um die | |
geplanten Baumfällarbeiten zu verhindern. Beamte des SEK versuchten in | |
Spezialausrüstung, Demonstrierende von den zu fällenden Bäumen zu holen. | |
Insgesamt sind nach Angaben des Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried | |
Stumpf sechs Hundertschaften der Polizei im Einsatz - auch Bundespolizisten | |
sowie Beamte aus Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen. | |
Proteste auch in Berlin | |
Am späten Donnerstag Nachmitag unterstützten um die [1][200 Demonstrierende | |
vor der Berliner Konzernzentrale der Deutschen Bahn] die Proteste, darunter | |
auch Grünen-Bundesvorsitzender Cem Özdemir und der stellvertretende | |
Vorsitzende der Linkspartei Ulrich Maurer. Maurer sprach von einer | |
„Verhöhnung der Demokratie“. Für den Freitag kündigten die Demonstrieren… | |
weitere Proteste in Berlin an. Neben der Protestaktion vor der | |
Bahn-Zentrale besetzten „Stuttgart 21“-Gegner die baden-wuerttembergische | |
Landesvertretung im Berliner Bezirk Tiergarten. | |
„Erschüttert“ zeigten sich der evangelische Landesbischof Frank Otfried | |
July und katholische Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, über | |
die Eskalation um das Projekt. Sie riefen alle Parteien auf, „unverzüglich | |
vom Einsatz gewalttätiger und illegaler Mittel Abstand zu nehmen“. Wer | |
Verantwortung für den Frieden in der Bürgerschaft trage, müsse bereit sein, | |
zum Tisch des gemeinsamen Gesprächs zurückzukehren. Eine erschreckende | |
Unversöhnlichkeit, wie sie bei den aktuellen Vorgängen zutage trete, | |
erschüttere das Gemeinwesen in seinen Grundfesten. | |
Die frühere Verdi-Landesvorsitzende Sybille Stamm berichtete von massiven | |
Gewalteinsatz bei der Auflösung von Blockaden: „Das habe ich seit ‚68 nicht | |
mehr erlebt“. Sie habe neben Demonstrierenden gestanden, die sich an einen | |
Zaun gekettet hatten, und sei ohne Vorankündigung von Polizisten zu Boden | |
geworfen, getreten und mit Tränengas besprüht worden. | |
Opposition kritisiert auf Heftigste | |
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir sprach angesichts der aktuellen | |
Vorkommnisse von einer „brutalen Bulldozer-Politik“, durch die die | |
Auseinandersetzung nur noch schärfer und schwieriger werde. Die Vorsitzende | |
der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, forderte den sofortigen | |
Baustopp und prophezeite: „Immer in der Geschichte, wenn man versucht hat, | |
Polizei vorzuschicken zur Lösung von Problemen, hat es hinterher richtig | |
Probleme gegeben.“ | |
Der Generalsekretär der SPD Baden-Württemberg, Peter Friedrich, sprach von | |
einer „vollkommen unnötigen Eskalation“, die den Ministerpräsidenten Stef… | |
Mappus (CDU) „keinen Schritt näher an Stuttgart 21 bringt“. Vielmehr werde | |
dadurch der Konflikt nur verschärft. „Es sind beschämende Bilder, die in | |
Stuttgart durch die Eskalation entstehen.“ Der SPD-Politiker äußerte | |
„Mitleid mit den Polizisten“, die nun der Prellbock für die | |
Eskalationsstrategie von Mappus seien. | |
Ulrich Maurer, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion, forderte | |
indes den Rücktritt des Innenministers Heribert Rech (CDU): „Wer versucht, | |
angemeldete Schülerdemos mit Schlagstöcken, Reizgas und Wasserwerfern | |
aufzulösen, hat mit der Demokratie gebrochen und muss als Innenminister | |
seinen Hut nehmen. | |
Der massive Polizeieinsatz gegen Gegner des Milliardenprojekts Stuttgart 21 | |
wird auch ein Nachspiel im Bundestag haben. Der Innenausschuss will sich | |
amFreitag auf einer Sondersitzung mit den Ereignissen beschäftigen. Der | |
Bundestag gab einem entsprechenden Antrag der Linken statt, wie deren | |
Fraktion am Donnerstagabend in Berlin mitteilte. Von besonderem Interesse | |
sei das Vorgehen der Polizei, auch der eingesetzten Bundespolizisten in | |
Stuttgart, sagte der Innenexperte der Linken, Jan Korte. Außerdem sollten | |
die Abläufe vor Ort, die Zahl der Verletzten, die Strategie der | |
Einsatzplanung sowie der Einsatz von Schlagstöcken, Wasserwerfern und | |
Tränengas geprüft werden. | |
Polizeisprecher: „Dann kann die Polizei auch mal hinlangen“ | |
Ein Polizeisprecher sagte auf dapd-Anfrage, die Beamten versuchten „eine | |
Gitterlinie“ aufzustellen, um die Bauarbeiten zu sichern. Die Zufahrt werde | |
von „Hunderten von Menschen“ blockiert, die zum Teil auch Polizisten | |
bedrängten. Die Beamten müssten mit sehr vielen Kräften den Weg frei | |
räumen. Dafür seien Wasserwerfer und Polizeireiter im Einsatz. Ob dabei | |
auch Schlagstöcke verwendet wurden, konnte er nicht sagen. „Es wird | |
unmittelbarer Zwang angewandt“, sagte er lediglich. Der Sprecher | |
verteidigte das Vorgehen der Polizei. Wenn die Demonstranten sich nicht | |
rechtlich einwandfrei verhielten, „dann kann die Polizei auch mal | |
hinlangen“, betonte er. | |
Polizeipräsident Siegfried Stumpf kündigte an, dass in der Nacht zum | |
Freitag die ersten 25 Bäume gefällt werden. Die Fällarbeiten sollen bis | |
Samstag dauern. Die Stuttgart-21-Sprecher Udo Andriof und Wolfgang Dietrich | |
erklärten, der mittlere Schlossgarten werde für die Einrichtung des | |
Grundwassermanagements freigeräumt. | |
Dafür müssten knapp 300 Bäume mit einem Stammdurchmesser von mindestens 25 | |
Zentimeter gerodet werden. Auf der Fläche sollen eine Halle mit einer | |
Grundfläche von 1000 Quadratmeter und Wasserbehälter aufgestellt werden. | |
Die Deutsche Bahn ist verpflichtet, nach Abschluss der Bauarbeiten 293 | |
Bäume nachzupflanzen. | |
1 Jan 1970 | |
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