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# taz.de -- Riesige Zuchtanlage geplant: Fabrik für eine Million Hühner
> An der deutschen Grenze soll die bislang größte Zuchtanlage inklusive
> Schlachthof und Biogasanlage gebaut werden. Die Investoren nennen das
> Projekt tierfreundlich.
Bild: Distanz unmöglich: Hühner in einem Mastbetrieb.
Niederländische Investoren haben trotz Protesten von Tierschützern einen
Bauantrag für einen landwirtschaftlichen "Megabetrieb" an der Grenze zu
Deutschland gestellt. An dem geplanten Standort in der Gemeinde Horst aan
de Maas nahe der Stadt Venlo sollten sowohl rund eine Million Masthühner
als auch 30.000 Schweine gehalten werden, sagte Projektleiter Ruud Pothoven
vom Planungsbüro Knowhouse der taz. Der Komplex werde auch über einen
eigenen Schlachthof für die Hühner und eine Biogasanlage verfügen, die mit
den Exkrementen der Tiere Strom produzieren soll. Das Fleisch werde auch
nach Deutschland verkauft werden.
Das Projekt sprengt alle Dimensionen von Massentierhaltungsanlagen in
Deutschland. In der größten Masthühnerfabrik hierzulande leben nach Angaben
der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) "nur" 900.000
Tiere, die meisten in Ställen mit 40.000 Hähnchen. Bisher gibt es auch noch
keinen Betrieb, in dem sowohl derart viele Hühner als auch Schweine
gehalten werden und so viele Produktionsstufen kombiniert werden.
Projektleiter Pothoven preist das Vorhaben als besonders tierfreundlich.
Denn normalerweise werden Masthühner während ihres kurzen Lebens mehrmals
transportiert: Sie schlüpfen in einer Brüterei und werden anschließend in
einen Mastbetrieb gefahren, später dann kommen sie in den oft hunderte
Kilometer entfernten Schlachthof. "Sie müssen jedes Mal von Hand gefangen
werden. Das ist nicht schön für die Tiere", sagt Pothoven. Diesen Stress
erspare ihnen der geplante Megabetrieb, weil hier die Hühner an einem Ort
schlüpfen, aufwachsen und geschlachtet werden.
"Das ist nur ein Feigenblatt für die megaagrarindustrielle Produktion, die
hier geplant ist", sagt dagegen Eckehard Niemann von der AbL. Der Vorteil
durch weniger Transporte wiege nicht die in derartigen Fleischfabriken
üblichen "tierquälerischen Haltungsbedingungen" auf. "Standard ist, dass 22
Hühner auf einem Quadratmeter leben und sechs Wochen lang auf ihrem Kot
stehen." Die verwendeten Rassen stammten zudem aus "Qualzucht": Sie hätten
so große Brustmuskel, dass diese weder von Füßen noch Skelett getragen
werden könnten. Deshalb litten die Tiere ständig Schmerzen. Den Schweinen
würden die Schwänze kupiert, sie ständen auf Betonspalten, hätten zu wenig
Platz, keinen Auslauf und keine Stroheinstreu, mit dem sie zum Beispiel
spielen könnten. "Das ist nicht artgerecht", erklärt Niemann.
Pothoven bestätigt, dass die Hühner nach den "normalen holländischen
Standards und Regeln" gehalten werden sollten. Für die Schweine sei
tatsächlich weder Auslauf noch Stroh vorgesehen, wohl aber Spielzeug. Das
halten Tierschützer jedoch nicht für ausreichend.
Niemann hält schon die Idee, so viele Hähnchen und Schweine an einem Ort zu
halten, für gefährlich. "Experten warnen, dass durch die Nähe der Ausbruch
neuer Krankheiten massiv gefördert wird." Beide Tierarten trügen
verschiedene Viren, die sich in solchen Anlagen kombinieren könnten.
Der Projektleiter räumt ein, dass diese Sorge berechtigt ist. Aber: "In
unserer Anlage werden Hühner und Schweine nicht zusammen gehalten, sondern
in einer Entfernung von einem Kilometer." Deshalb könnten sich die Tiere
nicht gegenseitig infizieren. Auch das überzeugt Agrarindustriekritiker
nicht: "Der Abstand reicht nicht", sagt Niemann. "Keime fliegen drei
Kilometer weit."
Pothoven lässt sich davon nicht stoppen. "Ich schätze, dass der Baubeginn
2012 ist", sagt der Planer. Ein Jahr später soll die Produktion beginnen.
Bis dahin würden 60 bis 80 Millionen Euro investiert werden.
6 Oct 2010
## AUTOREN
Jost Maurin
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