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# taz.de -- Wahl in Kirgistan: Nationalisten als stärkste Kraft
> Nach den Wahlen stehen dem Land jetzt schwierige Koalitionsverhandlungen
> bevor. Die OSZE lobt den Urnengang als einen Fortschriftt in Richtung
> Demokratie.
Bild: Die ersten Wahlen, bei denen der Sieger nicht vorher schon feststand.
BISCHKEK taz | Vier Monate nach den Pogromen gegen die usbekische
Minderheit im Süden des Landes hat Kirgistan am Sonntag ein neues Parlament
gewählt. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) lobte den Urnengang in Zentralasien als einen Fortschritt hin zu
demokratischen Prinzipien. "Ich bin von dem politischen Pluralismus und der
zivilen Verantwortung im Land beeindruckt", sagte Morten Hogland,
Koordinator der Kurzeitbeobachter in Bischkek. Dieses seien die ersten
Wahlen in Zentralasien gewesen, bei denen das Ergebnis zuvor nicht
festgestanden hätte.
Nach über 95 Prozent ausgezählten Wahllokalen erhält die im Süden des
Landes verwurzelte Partei "Ata Schurt" (Vaterland) mit 15 Prozent die
meisten Stimmen. Zudem haben vier weitere Parteien die landesweite
Fünfprozenthürde übersprungen und in jeder Provinz des Landes mindestens
0,5 Prozent der registrierten Stimmen auf sich vereinigen können. Die
Wahlbeteiligung lag bei 55 Prozent. "Butun Kirgistan", eine ebenfalls aus
dem Süden stammende Partei, könnte noch ins 120-sitzige Parlament
einziehen. Beide Südparteien sind nationalistisch.
Die Parteien "Ata Meken" und die Sozialdemokraten, die im April 2010 den
Machtumsturz gegen Präsident Kurmanbek Bakijew angeführt hatten, gehören zu
den Verlierern. Sie erhielten deutlich weniger Stimmen als erhofft und
werden wohl in die Opposition gehen müssen.
Der Sieg der Südpartei Ata Schurt - viele ihrer Mitglieder sympathisieren
mit dem gestürzten Präsidenten Kurmanbek Bakijew - wird als Revanche gegen
die Aprilputschisten gesehen. Parteifunktionäre des Wahlgewinners halten
eine Koalition mit den von Russland favorisierten Parteien "Ar Namis" und
"Republika" für möglich. Vor allem der Vorsitzende von Ar Namis, Felix
Kulow, konnte wegen der Schützenhilfe aus dem Kreml die Stimmen der
russischen Minderheit auf sich vereinigen. Auch viele Usbeken favorisierten
den kirgisischen Politiker, da er nicht als Nationalist gilt.
Die OSZE merkte in Bischkek an, dass wichtige Rechte, wie "Rede- und
Versammlungsfreiheit", in Kirgistan gewährleistet gewesen seien. Die
usbekische Minderheit ist nach den schweren Unruhen im Juni jedoch
politisch enthauptet. Bei den Wahlen hatten einige Usbeken zwar einen
Listenplatz inne und Usbeken nahmen auch an Parteiversammlungen teil.
Allerdings hat ein Großteil der Minderheit das Land verlassen und die in
Kirgistan verbliebenen Usbeken halten sich vor der nationalistisch
aufgeheizten kirgisischen Zivilgesellschaft in Deckung.
Die OSZE-Beobachter gingen auf die Entrechtung der usbekischen Minderheit
nicht ein. Sie bemängelten lediglich, dass die Wahlwerbung nicht in
usbekischer Sprache vorlag. Während landesweit die Wahlkreise bis zum
Montagmittag zum größten Teil ausgezählt waren, fehlten bis zum Abend immer
noch 30 Prozent der Wahlprotokolle aus dem südlichen Karazu-Distrikt. In
der bevölkerunsreichen Region unweit der usbekischen Grenze leben vor allem
Usbeken. Auf die Frage, warum sich gerade dort die Stimmenauszählung
verzögerte, konnten weder die OSZE noch die zentrale Wahlkommission in
Bischkek antworten.
11 Oct 2010
## AUTOREN
Marcus Bensmann
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