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# taz.de -- Bilanz ein Jahr Schwarz-Gelb: Regierung versteht die Wirtschaft nic…
> Die deutsche Wirtschaft hat die Krise überwunden. Grund dafür ist aber
> nicht die Politik der Regierung. Die zeigte sich vielmehr selbst
> überrascht vom raschen Wachstum.
Bild: Wirtschaftsminister Brüderle verwundert: "Irgendetwas haben wir richtig …
BERLIN taz | Die Wirtschaft wird in diesem Jahr um 3,4 Prozent wachsen. So
prognostiziert es die Bundesregierung. Die Wirtschaftsforschungsinstitute
kamen in ihrem Herbstgutachten sogar auf 3,5 Prozent.
FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle freut sich über diesen
"XL-Aufschwung", Bundeskanzlerin Angela Merkel attestiert ihrer Regierung
eine "ordentliche Bilanz". Doch welchen Anteil hat die Regierung wirklich
an dem plötzlichen Boom, den niemand erwartet hat?
Nur zur Erinnerung: Noch im Frühjahr ging die Regierung davon aus, dass die
Wirtschaft im Jahr 2010 nur um 1,4 Prozent wachsen werde. Tatsächlich
scheint auch Brüderle ein wenig ratlos zu sein, warum Schwarz-Gelb mit
diesem starken Aufschwung gesegnet wurde. "Irgendetwas haben wir richtig
gemacht", kommentierte er etwas hilflos, als er am Donnerstag die
Regierungsprognose vorstellte.
Dieser Satz von Brüderle ist zwar vage, aber treffend. Tatsächlich hat die
Bundesregierung kaum Wirtschaftspolitik betrieben - und sich auf
konzeptlose Klientelpolitik beschränkt. Schon der Koalitionsvertrag war
verräterisch. Das Kapitel "Der Weg aus der Krise" stand zwar ganz vorn -
umfasste aber nur 4 der insgesamt 132 Seiten.
Zudem war dort kein klares Konzept zu finden, sondern nur eine bunte
Ansammlung der diversen Lieblingsthemen aus beiden Parteien. Steuerberater
konnten sich freuen, dass ihre Gebühren wieder von der Steuer abzugsfähig
sein sollten; den Hoteliers wurde eine Mehrwertsteuerentlastung zugedacht.
Die Reduzierung der Umsatzsteuer für Hoteliers wurde auch sofort eingeführt
und findet sich in dem "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" wieder, das am 1.
Januar 2010 in Kraft trat. Außerdem wurde mit diesem Gesetz die
Erbschaftsteuer für Firmenerben noch günstiger gestaltet sowie die
Steuerfreibeträge für Kinder von 6.024 auf 7.008 Euro erhöht. Gleichzeitig
stieg das Kindergeld um 20 Euro.
Politik für Hoteliers
Die Statistik spricht jedoch nicht dafür, dass es diese Politik war, die
den Aufschwung ausgelöst hat. Stattdessen ist vor allem die Nachfrage aus
dem Ausland gestiegen. So legte der Export im August 2010 um 28,6 Prozent
im Vergleich zum Vorjahreswert zu.
Für die Firmen erfreulich: Sie werden von ihren Profiten weniger versteuern
müssen. Denn von der Öffentlichkeit kaum bemerkt wurde zu Jahresbeginn mit
dem "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" auch die Besteuerung von Unternehmen
verändert.
Für Betriebe ist es nun noch einfacher, ihre Gewinne ins Ausland zu
verschieben. Das technische Wort heißt "Funktionsverlagerung". Jetzt kann
zum Bespiel eine Entwicklungsabteilung über die Grenze verlagert werden,
kurz bevor das Patent angemeldet wird.
Die Forschungskosten werden zwar weiterhin bei den hiesigen Finanzämtern
geltend gemacht - aber der Profit fällt dann offiziell im Ausland an. Der
SPD-Finanzexperte Lothar Binding schätzt, dass allein dieses Steuergeschenk
2,5 Milliarden Euro in die Kassen der deutschen Unternehmen spült.
25 Oct 2010
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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