# taz.de -- Bahn-Streiks am Dienstag: Der heftige Stillstand | |
> Die Beschäftigten des Schienenpersonals wollen mehr Geld. Also gibt es ab | |
> Dienstag Streik. So soll auch auf die Konkurrenten der Deutschen Bahn | |
> Druck ausgeübt werden, was die DB empört. | |
Bild: Durchgang verboten - auch wenn am Dienstag gestreikt wird. | |
Millionen Reisende im Bahnverkehr müssen am heutigen Dienstag erhebliche | |
Beeinträchtigungen hinnehmen. Grund sind bundesweite Warnstreiks der | |
Verkehrsgewerkschaften Transnet und GDBA, die für einen | |
Branchentarifvertrag für alle Beschäftigten des Schienenpersonennahverkehrs | |
eintreten. Ein Schwerpunkt der Warnstreiks soll unter anderem Bayern sein. | |
Zu spüren sein sollen die Streiks nach Informationen aus | |
Gewerkschaftskreisen auch in Hessen und der Hauptstadtregion | |
Berlin/Brandenburg. Mit dem Branchentarifvertrag sollen nicht nur | |
Beschäftigte bei der bundeseigenen Deutschen Bahn AG geschützt werden, | |
sondern auch die in den Bahn-Konkurrenzunternehmen. Bestreikt werden alle | |
großen Bahnunternehmen. | |
Die Warnstreiks sind zunächst auf den Dienstagmorgen und -vormittag | |
begrenzt - sie können aber "erhebliche Störungen im gesamten | |
Schienenverkehr" verursachen, wie die Gewerkschaften warnen. Zwar wird nur | |
der Nah- und Regionalverkehr bestreikt, dennoch können die Streikaktionen | |
auch den Fernverkehr beeinflussen, etwa wenn Regionalzüge Schienen und | |
Weichen blockieren oder Fahrdienstleiter im Ausstand sind. | |
Transnet scheint aus den Erfahrungen der Konkurrenz, der Gewerkschaft | |
Deutscher Lokomotivführer (GDL), gelernt zu haben. Demnach kann ein kurzer, | |
heftiger Ausstand mehr Wirkung erzielen als mehrere Aktionen mit der Taktik | |
kleiner Nadelstiche. Die GDL ist bei diesem Streik nur Zaungast. "Wir | |
streiken nicht", sagte Gewerkschaftssprecherin Gerda Seibert. "Bei unseren | |
Tarifverhandlungen sind wir auf einem guten Kurs." Die GDL strebt einen | |
bundesweit gültigen Lokführerrahmentarifvertrag an. Dieser würde aber nur | |
für die Lokführer, nicht für die restlichen Beschäftigten der Branche | |
gelten. | |
Anlass für die heutigen Streiks sind die nach Ansicht von Transnet und GDBA | |
festgefahrenen Tarifverhandlungen mit den Privatbahnen einerseits und der | |
Deutschen Bahn andererseits. Bei den Verhandlungen mit der Bahn geht es am | |
Freitag weiter, die Streiks am Dienstag sind also so etwas wie heftiges | |
Säbelrasseln im Vorfeld. Bei den Verhandlungen mit den Privatbahnen steht | |
noch kein weiterer Gesprächstermin fest. | |
"Es kann und darf nicht sein, dass Kolleginnen und Kollegen teilweise bis | |
zu 20 Prozent weniger Lohn bekommen und insbesondere die Privatbahnen diese | |
Form von Lohndumping als Wettbewerbsvorteil nutzen, um an Aufträge zu | |
kommen", sagte Transnet-Chef Alexander Kirchner. | |
Nach Transnet-Angaben verdient ein Durchschnittslokführer rund 34.000 Euro | |
brutto im Jahr, bei einem Billigunternehmen sind es hingegen nur 27.000 | |
Euro im Jahr. Derzeit gilt nur für 90 Prozent der Beschäftigten das obere | |
Lohnniveau. Ziel des Branchentarifvertrages ist es nun, das untere Niveau | |
nach oben anzugleichen. Die bisherigen Angebote der Arbeitgeber würden die | |
bestehenden Bezahlungsunterschiede noch verschärfen, so Kirchner. | |
Die Deutsche Bahn appellierte an die Gewerkschaften, auf die Streiks zu | |
verzichten und stattdessen ein Schlichtungsverfahren zu beginnen. "Die | |
üblichen Rituale passen nicht in diese Tarifrunde", so | |
Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Es könne nicht sein, dass die DB | |
bestreikt werde, um Druck auf die Wettbewerber der DB auszuüben. Die | |
Deutsche Bahn habe mehrfach ihre Bereitschaft erklärt, flächendeckende | |
Tarifstandards im Schienenpersonennahverkehr zu vereinbaren, und ein | |
Angebot vorgelegt. | |
"Die Bahn ist bislang nicht über den Status allgemeiner Bekenntnisse | |
hinausgekommen", sagte Transnet-Sprecher Oliver Kaufhold. Außerdem wolle | |
sie nicht auf den Einsatz von Billiglohn-Tochterunternehmen verzichten. | |
"Wir brauchen jetzt Lösungen." Die Linke-Verkehrsexpertin Sabine Leidig | |
unterstützt den Transnet-Streik. "Ein Branchentarifvertrag ist wichtig, | |
damit Privatbahnen und Tochterunternehmen der DB AG sich nicht durch | |
Zahlung deutlich geringerer Löhne einen Wettbewerbsvorteil erschleichen", | |
so Leidig. Gefordert seien auch die Bundesländer, die Auftraggeber des | |
Regionalverkehrs sind. "Sie müssen entsprechende Vergabekriterien | |
aufstellen." | |
" | |
25 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Stuttgart 21 | |
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