# taz.de -- Open-Data-Journalismus: "Noch zuviel Arroganz" | |
> Großzügigeren Umgang mit dem eigenen Wissen, das verlangen Teilnehmer der | |
> Fachjournalistenkonferenz von ihren KollegInnen. Und: Weg mit dem | |
> Standesdünkel. | |
Bild: Ist das Bereitstellen von Daten die Zukunft des Journalismus? | |
"Anstatt das alle alles machen, sollen sich Fachjournalisten lieber auf | |
ihre Recherche-Kompetenzen besinnen und ihre Ergebnisse anderen Nutzern zur | |
Verfügung stellen", fordert Ulrike Langer. Die freie Medienjournalistin | |
glaubt, der Verbraucher verlange nach visuell gut aufgearbeitete | |
Informationen. Um etwa die Masse der Irak-Protokolle bei Wikileaks nutzbar | |
zu machen, hat der Guardian, für Langer derzeit Speerspitze des guten | |
Online-Journalismus, einen Tag im Oktober 2006 herausgepickt, um alle | |
Details dieses Tages in Wort und Bild darzustellen. | |
Langer war eine von rund 150 Medienschaffenden, die sich am Wochenende im | |
Atrium der Deutschen Bank in Berlin-Mitte versammelten, um über die Zukunft | |
des deutschen Fachjournalismus zu diskutieren. Und die liege, so glaubt es | |
Langer, im so genannten "Open Data Movement". Das heißt: Texte, Bilder, | |
Töne und Filme dürften nicht mehr bei einem bestimmten Verlag oder Medium | |
eifersüchtig gehortet werden, sondern sollten möglichst vielen Nutzern | |
zugänglich gemacht werden. | |
"Da herrscht bei den Redakteuren noch viel zu viel Arroganz und | |
Standesdünkel", kritisiert Langer: "Journalismus darf nicht mehr als | |
fertiges Endprodukt begriffen werden, sondern als Prozeß, den man gemeinsam | |
mit den Nutzern gestalten kann." Ein gutes Beispiel sei etwa die | |
Fotodatenbank [1][nahraum.de] der Ruhr Nachrichten als eine Art | |
historisches Bildgedächtnis des Kohlenpotts. | |
Auch Daniel Fiene, Redakteur und Moderator bei "Antenne Düsseldorf", | |
plädiert für größtmögliche Offenheit des eigenen Mediums. Mit seinen Höre… | |
gebe es einen permanenten Austausch per Twitter und Facebook. Bei | |
Großveranstaltungen, Bränden oder Streiks im Nahverkehr gebe es ein großes | |
Bedürfnis der Menschen, sich mitzuteilen und auszutauschen. | |
"Heute kommt es für Medien darauf an, auf dem riesigen Markt für soziale | |
Netzwerke dabei zu sein", sagt der Journalismus-2.0-Experte Jörn Sieveneck. | |
Dann sagt er einen dieser Leitsätze, die heutzutage bei vielen so beliebt | |
sind: "Nicht ich finde die Nachrichten, sondern die Nachrichten finden | |
mich!" | |
Ein gutes Beispiel für Sieveneck: Der Westen als Lokalmedium des | |
Ruhrgebietes mit 3.500 Fans bei Facebook und rund 18.000 Followern bei | |
Twitter. Bescheidene Zahlen, aber mit Potential. | |
Mercedes Bunz, Mitbegründerin des Monatsmagazins DE:BUG, wurde als Ikone | |
des 2.0-Journalismus mit dem diesjährigen deutschen Fachjournalistenpreis | |
ausgezeichnet. Gerade ist sie als Medienredakteurin beim Guardian gefragte | |
Fachfrau in der Szene der Web-Journalisten. "Man muß an sich selber | |
glauben. Dank des Internets finden sich dazu Freiräume. Probiert es einfach | |
aus", ermutigt Bunz vor allem ihre Geschlechtsgenossinnen. Denn Frauen sind | |
in der 2.0-Fachjornalistenszene immer noch unterrepräsentiert. | |
31 Oct 2010 | |
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[1] http://nahraum.de/ | |
## AUTOREN | |
Thomas Klatt | |
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Algorithmen | |
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