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# taz.de -- Atommüll weltweit: Ab nach Sibirien!
> Weltweit sucht man nach Endlagern. Gefunden wurde bisher kein einziges.
> Der Müll lagert in der Nähe von AKWs, in Zwischenlagern - oder wird in
> Flüssen versenkt. Ein Überblick.
Bild: Auf keinen Fall ein geeignetes Endlager: Der Fluss Tom, fotografiert bei …
USA: Ab in die Wüste
Derzeit lagert der radioaktive Müll, den 104 Atomkraftwerke und die Armee
produzieren, in 121 Zwischenlagerstätten in der Nähe der Reaktoren,
größtenteils im Osten des Landes. Eine Wiederaufbereitungsanlage gibt es in
den USA nicht.
Bereits 1978 begann das Energieministerium damit, eine mögliche
Endlagerstätte in den Yucca Mountains in Nevada geologisch zu ergründen.
Seither sind rund neun Milliarden US-Dollar in dieses Projekt investiert
worden. Der Ort liegt in der südwestlichen Ecke jenes Testgeländes in der
Wüste, in dem die Armee einst Atombomben testete.
Unter Präsident Ronald Reagan wurde 1987 angeordnet, die Voruntersuchungen
für mögliche Endlagerstandorte ganz auf die Yucca Mountains zu
konzentrieren. Geplant war der Bau eines 65 Kilometer langen Tunnelsystems
mit mehreren unterirdischen Hallen zur Deponierung hochradioaktiven
Abfalls, der per Zug dorthin transportiert werden sollte.
Unter Barack Obama, dessen Regierung dezentrale Lösungen finden will, wurde
das Projekt gestoppt. Energieminister Stephen Chu erklärte den Standort für
erledigt. Gegen diese Anordnung sind Gerichtsverfahren anhängig.
Derweil ist die Menge des US-amerikanischen Atommülls stetig angewachsen
und dürfte bereits im Jahr 2014 die Menge erreichen, für die Yucca
Mountains vorgesehen war. Und das Problem würde sich zusätzlich
verschärfen, sollte Obama dem Bau neuer AKWs - die Rede ist von bis zu 25
Reaktoren - zustimmen. (pkt)
China: Ab in die Wüste
Die zwölf chinesischen Reaktoren liefern mit 10,15 Gigawatt nur zwei
Prozent der gesamten Energie des Landes Chinas. Doch die Ausbaupläne sind
enorm, jeder zweite weltweit im Bau befindliche Reaktor steht in China.
Die ausgemusterten Brennstäbe in der Regel werden bislang auf dem Gelände
der Atomkraftwerke aufbewahrt. Nach Schätzungen der "World Nuclear
Association", einer Atomlobbyorganisation, ist die Halde inzwischen auf
3.800 Tonnen hochradioaktiven Abfalls angewachsen.
Ein Teil davon wurde in den letzten Jahren über tausende Kilometer -
offenbar über die Autobahn - nach Gansu transportiert. Dort werden sie
zunächst zentral auf dem Gelände des "Lanzhou Nuclear Fuel Complex" 25
Kilometer nordöstlich der Drei-Millionen-Provinzhauptstadt Lanzhou
gelagert.
Die meisten Brennstäbe aus chinesischen Anlagen aber werden
wiederverwendet; auch weitere Wiederaufbereitungsanlagen sind in Planung.
Für den nichtwiederverwertbaren Müll sucht man seit 1986 nach einem
geeigneten Ort. Die Entscheidung soll bis 2020 fallen; vorgesehen sind die
Beishan-Berge in Chinas nordwestlicher Provinz Gansu. (li)
Frankreich: Ab in die WAA
Dem staatlichen Nuklearkonzern Areva zufolge werden 96 Prozent der
radioaktiven Rückstände und Abfälle der 58 französischen Kernreaktoren in
der Wiederaufbereitungsanlage La Hague wiederverwertet. Nicht
wiederverwertbare Rückstände - leicht und sehr radioaktives Material mit
kurzer Halbwertszeit - wird neben den Atomanlagen aufbewahrt - oder nach
Russland transportiert. Andere mit längerer Strahlungsdauer oder hoher
Radioaktivität sollen später in Endlager in geologisch stabilen
Lehmschichten 500 Meter unter Tage gebracht werden. Auf den Standort will
man sich erst nach 2015 festlegen, die Inbetriebnahme ist für 2025
vorgesehen. Im Gespräch ist der lothringische Ort Bure. (rb)
Russland: Ab in den Fluss
Eigentlich ist die Endlagerung ausländischen Atommülls auf russischem Boden
verboten. Und dennoch entwickelte sich das Land seit dem Ende der
Sowjetunion zur bevorzugten Endlagerstätte der europäischen Atomindustrie.
Der Trick: Offiziell gelangt angereichertes Uran nur zur Wiederaufbereitung
nach Russland, wird aber nicht wieder zurücktransportiert. Berechnungen von
Umweltorganisationen zufolge verbleiben 90 bis 98 Prozent des Atommülls im
Land. Mehr als 700.000 Tonnen radioaktiver Müll unterschiedlicher Strahlung
machen Russland zur größten atomaren Müllkippe der Welt.
140.000 Tonnen davon stammen aus europäischen Meilern. Einer der größten
Entsorger war bislang das Konsortium Urenco, an dem Großbritannien, die
Niederlande sowie die deutschen Atomkonzerne Eon und RWE beteiligt sind. Im
Laufe dieses Jahres hat Urenco allerdings die Liefervereinbarung mit dem
russischen Staatsunternehmen Rosatom aufgekündigt. Zurzeit läuft nur noch
ein Vertrag mit dem französischen AKW-Betreiber Areva.
Der große Teil des Atommülls - dazu zählt auch der Abfall aus den derzeit
32 in Betrieb befindlichen russischen AKWs - lagert bislang im Freien.
Umweltschützer warnen seit Jahren vor Korrosionsschäden und Feuergefahr.
Gesammelt wird der Müll vor allem in den atomaren Anlagen in Jekaterinburg
im Ural, der früheren geschlossenen Stadt Sewersk in der Nähe der
sibirischen Millionenstadt Tomsk sowie Selenogorsk und Angarsk im Gebiet
Irkutsk. Die Wiederaufbereitungsanlage in Sewersk leitet überdies Abfälle
in einen Zufluss des Tom. Auch hochkontaminierte Rückstände, die nach
EU-Richtlinien in Glasblöcken verdichtet werden müssen, werden in Sewersk
in unterirdische Bodenspalten gepumpt. Mit Millionen Kubikmetern
radioaktiver Flüssigkeit in den Bodenformationen gehört Tomsk zu einem der
größten unterirdischen Nuklearspeicher weltweit.
Im Oktober wurden Brennelemente aus dem Forschungsreaktor
Dresden-Rossendorf nach Russland ausgeflogen. In der Aufarbeitungsanlage
Podolsk bei Moskau wird das hoch angereicherte Uran in niedrig
angereichertes Material verwandelt. (khd)
4 Nov 2010
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