# taz.de -- Kommentar Castortransport: Gute Gründe für Protest | |
> Mit der Aufkündigung des Atomkonsenses hat Schwarz-Gelb dafür gesorgt, | |
> dass sich die Menge an Atommüll um mehr als ein Drittel erhöht. Die | |
> Proteste dagegen sind richtig. | |
Wenn an diesem Wochenende wieder Zehntausende gegen den Castortransport | |
nach Gorleben auf die Straße gehen, wird es vonseiten der | |
Atomkraftbefürworter die üblichen Sprüche geben: Durch Proteste wird der | |
Atommüll auch nicht weniger. Irgendwo muss das Zeug doch hin. Als die | |
Grünen den Umweltminister stellten, haben sie die gleichen Transporte | |
verteidigt, gegen die sie heute demonstrieren. Und wer die Suche nach einem | |
Endlager ablehnt, drückt sich vor der Verantwortung. | |
Alle diese Aussagen sind für sich genommen richtig - und doch ist die | |
Kritik an den Protesten völlig unaufrichtig. Zum einen hat sich seit den | |
letzten Transporten etwas Entscheidendes geändert: Mit der Aufkündigung des | |
Atomkonsenses hat Schwarz-Gelb dafür gesorgt, dass sich die Menge an | |
Atommüll um mehr als ein Drittel erhöht. Weniger neuer Atommüll könnte also | |
durchaus eine Folge von erfolgreichem Protest sein. | |
Zudem sind die Zweifel an der Eignung von Gorleben als Endlagerstandort in | |
den letzten Jahren eher gewachsen. Akten, die im Untersuchungsausschuss des | |
Bundestages erstmals ausgewertet wurden, haben Willkür bei der Auswahl und | |
Unwägbarkeiten bei der Geologie bestätigt. Zwar ist es theoretisch noch | |
immer möglich, dass sich Gorleben am Ende als bester Standort erweist, doch | |
ohne einen echten Vergleich mit anderen Orten werden davon weder die | |
Menschen noch die Gerichte zu überzeugen sein. Atommüll muss am Ende | |
irgendwo gelagert werden - aber eben am besten Ort, nicht am erstbesten. | |
Zum Dritten tut Umweltminister Norbert Röttgen alles, um Misstrauen am | |
weiteren Verfahren zu schüren. Debatten in der Region weicht er bisher aus. | |
Die Fachleute der eigenen Behörde werden schrittweise entmachtet. Die | |
zentrale Sicherheitsanalyse für Gorleben machen ehemalige Atommanager unter | |
sich aus. | |
Kurzfristig mag diese Strategie aufgehen und die Erkundung als Alibi für | |
die weitere Produktion von Atommüll dienen. Langfristig jedoch schadet das | |
rabiate Vorgehen dem Ziel, ein geeignetes Endlager zu finden. Wer sich nur | |
auf Gorleben konzentriert, nimmt in Kauf, am Ende völlig ohne Endlager | |
dazustehen, wenn dieser Standort durch fachliche Erkenntnisse oder | |
Gerichtsurteile gestoppt wird. Vor der Verantwortung drücken sich also | |
nicht diejenigen, die an Gorleben zweifeln, sondern alle, die die Suche | |
nach Alternativen blockieren. | |
4 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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