# taz.de -- Parlamentswahl in Birma: Diktatur macht Wahl zur Farce | |
> Bei der ersten Parlamentswahl seit 20 Jahren ließ das Militärregime die | |
> Stimmzettel lieber von eigenen Mitarbeitern ausfüllen. Kein Wunder: | |
> Ex-Generäle gewinnen Mandate. | |
Bild: Ob hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist? In Birma werden Stimmzet… | |
BANGKOK taz/dpa | In Birma hat nach der ersten Parlamentswahl seit 20 | |
Jahren die Auszählung der Stimmen begonnen. Mehrere Ex-Generäle haben | |
erwartungsgemäß Mandate gewonnen. Sie waren bei diesen ersten Wahlen in dem | |
südostasiatischen Land seit 20 Jahren für die vom Militär gegründete | |
Massenpartei Union Solidarity and Development Party (USDP) angetreten. Die | |
Vertrauten von Junta-Chef Than Shwe, Shwe Mann und Tin Aung Myint Oo, | |
gewannen in der vor wenigen Jahren gebauten Hauptstadt Naypyidaw, wo fast | |
ausschließlich Regierungsangehörige und Verwaltungsbeamte wohnen. | |
Der Urnengang, den Kritiker im Vorfeld als unfrei und unfair bezeichnet | |
hatten, wurde von massiven Betrugsvorwürfen überschattet. Die USDP habe die | |
Stimmabgabe in etlichen Bezirken vorgezogen und dadurch die Abstimmung | |
manipuliert, monierten Vertreter prodemokratischer Parteien. Das Exilmedium | |
The Irrawaddy meldete zudem, die Junta habe für die kommenden 90 Tage den | |
Ausnahmezustand verhängt. | |
Auch am Wahltag selbst seien etliche Wähler dazu gezwungen worden, für die | |
USDP zu stimmen, so der Vorsitzende der Nationalen Demokratischen Kraft | |
(NDF), Than Nyein, per Telefon aus Rangun gegenüber Journalisten in | |
Bangkok. Seine Partei sowie die Demokratische Partei hätten sich bereits | |
bei der Wahlkommission beschwert. Augenzeugen zufolge wurde Wählern mit | |
Haft gedroht, sollten sie für die NDF stimmen. | |
Die NDF ist eine Splittergruppe der Nationalen Liga für Demokratie (NLD), | |
der Partei der unter Hausarrest stehenden Oppositionsführerin Aung San Suu | |
Kyi. Die zwangsaufgelöste NLD hatte zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Die | |
in Birma ansässigen Botschaftsvertreter waren zu einer vom Regime | |
organisierten "Besichtigungstour" ausgewählter Wahllokale eingeladen | |
worden. Das aber lehnten etliche europäische Diplomaten sowie die Vertreter | |
der USA und Australiens ab. | |
In etlichen überwiegend von ethnischen Minderheiten bewohnten Gebieten war | |
die Wahl zuvor ganz abgesagt worden. Betroffen sind mindestens 3.500 | |
Dörfer. Die Militärs begründeten das offiziell mit Sicherheitsbedenken. Die | |
Junta liegt mit mehreren gut bewaffneten Rebellengruppen über Kreuz. Diese | |
wollen sich nicht, wie vom Regime gefordert, als "Grenzschutztruppen" unter | |
den Befehl der Zentralregierung stellen. Tatsächlich mussten die Militärs | |
davon ausgehen, dass die Bevölkerung der juntatreuen USDP die kalte | |
Schulter gezeigt und für ihre eigenen ethnischen Kandidaten gestimmt hätte, | |
sagt Kheuasai Jaiyen, Herausgeber der Shan Herald News Agency, zur taz. | |
"Es läuft gut für uns", sagt der Vorsitzende der Shan Nationalities | |
Democratic Party, Sai Aik Pao. "Noch besser wäre es gewesen, wenn wir | |
solche Ungerechtigkeiten wie bei der vorgezogenen Stimmabgabe nicht erlebt | |
hätten." Im Shan-Gebiet an den Grenzen zu Thailand und China hatten Wähler | |
moniert, sie hätten ihr Kreuz auf den Wahlzetteln nicht selbst machen | |
dürfen. Das hätten Angehörige des Militärregimes für sie erledigt - | |
zugunsten der USDP. | |
8 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Nicola Glass | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nach Freilassung von Aung San Suu Kyi: Angst vor Attentat | |
Birmas Opposition ist uneins, das zeigten auch die Wahlen am letzten | |
Sonntag. Anhänger fürchten um das Leben der freigelassenen | |
Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi. | |
Birmanische Oppositionsführerin ist frei: Ikone der Demokratiebewegung | |
Nach siebeneinhalb Jahren Hausarrest ist Aung San Suu Kyi wieder frei. Sie | |
kündigt ihre Rückkehr in die Politik an. Tausende Menschen feiern die | |
Oppositionsführerin. | |
Birmanische Oppositionsführerin: Politisches Comeback verkündet | |
Aung San Suu Kyi will nach Ende ihres jahrelangen Hausarrests in die | |
Politik zurück. Der Militärjunta bietet sie den Dialog an. Politiker in | |
aller Welt begrüßten die Freilassung der Oppositionellen. | |
Birma nach der Wahl: Gerüchte um Suu Kyi | |
Die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi steht Gerüchten zufolge | |
unmittelbar vor der Freilassung aus dem jahrelangen Hausarrest. Ihr Sohn | |
erhielt jetzt ein Besuchsvisum. | |
Asylpolitik in Australien: Gericht will mehr Rechte für Flüchtlinge | |
Das Oberste Gericht in Australien hat ein entscheidendes Urteil gegen die | |
rigide australische Flüchtlingspolitik gefällt. Die Regierung will den | |
Entscheid anfechten. | |
Birma nach den Wahlen: Gefechte zwischen Armee und Rebellen | |
Im Ostbirma liefert sich das Miltär Kämpfe mit den Rebellen der | |
Karen-Minorität. Tausende fliehen nach Thailand. Derweil kann es noch | |
Wochen dauern, bis das Ergebnis der Schein-Wahlen vorliegt. | |
Wahlen in Birma: Show oder Chance? | |
Weder frei noch fair: Erstmals seit 20 Jahren lassen die Militärs in Birma | |
am Sonntag wählen. Dennoch gibt es Menschen, die an die Chance der | |
Abstimmung glauben. | |
US-Richtlinie für Militärhilfen: Obama fördert Kinderarmeen | |
Wer Kinder bewaffnet, soll von den USA eigentlich keine Militärhilfe | |
erhalten. Doch für vier betroffene Länder macht US-Präsident Obama eine | |
Ausnahme. |