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# taz.de -- Emsvertiefung: Größer, breiter, tiefer
> Am Wochenende überführt die Papenburger Meyer Werft das Kreuzfahrtschiff
> "Disney Dream" in die Nordsee. Umweltschützer werden dagegen protestieren
> - wissend, dass die Werft weiter immer größere Schiffe bauen wird.
Bild: Proteste gegen die Überführung der "Disney Dream" gab es bereits im Vor…
"Ist das nicht ein Wunder? Hollywood in Papenburg!" Mit Tränen der Rührung
bestätigte Bernhard Meyer, Werftenchef aus Papenburg, vor einem halben Jahr
die Bestellung zweier weiterer Kreuzfahrtschiffe des Disney Konzerns. Am
Wochenende soll aber zunächst die "Disney Dream" von Papenburg ins tiefe
Wasser der Nordsee überführt werden. Mit ihren 340 Metern Länge und 37
Metern Breite wird sie das größte jemals in Deutschland gebaute
Kreuzfahrtschiff sein.
Meyer kann machen was er will, das "Halleluja" aller Verantwortlichen eilt
seinen Taten voraus. Speziell für die "Disney Dream" hatte Meyer
versprochen, die Überführung zu keinem Spektakel ausarten zu lassen. Durch
den Regen der letzten Wochen sind die Deiche aufgeweicht. Ein Massenansturm
von "Meyergästen" würde die Deichsicherheit gefährden. Aber was schert
einen wie Meyer sein Geschwätz von gestern? Seit Wochen wird die
Werbetrommel für die Überführung gerührt. Seit Tagen reisen aus ganz
Deutschland Campingbusse an. Wie viele Gäste werden kommen? "Na so ab
100.000", meint ein Beamter im Papenburger Rathaus nicht ohne Stolz. Und:
"Für unsere Region ist das eine tolle Werbung."
Die Bürgerinitiativen Rettet die Ems und die Dyklopers haben für die
Überführungsparty am Wochenende Protestaktionen angekündigt. Seit Wochen
wird das Gewässer ausschließlich für die Disney Überführung ausgebaggert.
Über 630.000 Kubikmeter Schlick sind nach Aussage der Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung aus dem Flussbett in die anliegenden Deponien
gepumpt worden. Kosten: neun Millionen Euro. Und Meyer braucht keinen Cent
dazu zu bezahlen. Das Auskratzen des Emsbodens wird seit Jahrzehnten von
den SteuerzahlerInnen bezahlt.
Ende der neunziger Jahre versprach Bernhard Meyer, keine größeren Schiffe
mehr zu bauen. Damals waren die Vergnügungsdampfer schlappe 250 Meter lang.
Die versammelten Umweltverbände glaubten Meyer und zogen ihre Klagen gegen
die - "ultimativ letzte" (Meyer) - Vertiefung zurück. Ätsch: Meyer baute
ein größeres Schiff und forderte ein Sperrwerk, um die Ems für dessen
Überführung aufstauen zu können. Dass bei den Staus im Sommer
Naturschutzgebiete absoffen und brütende Vögel ertranken, interessierte
nicht weiter.
Die älteste Bürgerinitiative zur Rettung der Ems sind De Dyklopers. "Es
gibt keine technische Lösung für die Meyer Werft. Es gibt nur eine Lösung:
Die Werft muss mit Teilen der Produktion nach Emden ans tiefe Wasser
umziehen", sagt Dyklopers-Mitglied Elfi Oorlog. Mit ihren 70 Jahren ist sie
die Fachfrau geworden für alle, die etwas über Meyer oder Ems wissen
wollen.
Nach den Vertiefungen der Ems hat sich ihre Fließgeschwindigkeit so erhöht,
dass die Flut mehr Schlick in den Fluss presst, als die Ebbe wieder mit
zurück ins Meer nehmen kann. Erst im August versuchte der Niedersächsische
Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) einen
Trick, um den Schlickeintrag in die Ems zu verringern. Der NLWKN schloss
ein Sperrwerk, um zu verhindern, dass die Flut immer mehr Schlick in die
Ems drückt. Das führte dazu, dass die gewaltige Strömung vor dem Sperrwerk
den Emsgrund aushöhlte. Tausende Tonnen Kies mussten die Auswaschung
verschließen. "Das kostet über vier Millionen Euro", musste Umweltminister
Hans-Heinrich Sander (FDP) zugeben. Meyer brauchte keinen Cent dazu zu
bezahlen. Aber das ahnten wir schon.
Eine Klage in Sachen Meyer ist noch anhängig. Die Stadt Emden, die
Landkreise Leer und Emsland und die Meyer Werft haben die Bundesrepublik
Deutschland verklagt. Die plant auf Druck der EU, die Untere Ems und die
Außenems als Flora- und Faunahabitat (FFH) auszuweisen. Die "Freunde der
Werft" klagen gegen die FFH-Pläne, deren Realisierung das Überführen der
Schiffe weiter erschweren würde. Die Behörden blenden Umweltbelange im
Zusammenhang mit den Meyer Werft-Schiffen schon immer aus: Niemals dürften
beispielsweise Massenaufläufe auf den Deichen hingenommen werden.
10 Nov 2010
## AUTOREN
Thomas Schumacher
## TAGS
Landwirtschaft
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