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# taz.de -- Kommentar zur Weltwirtschaft: Deutsche Nachhilfe unnötig
> Mit einer radikalen Exportstrategie ist Deutschland rasch aus der Krise
> gekommen - und fordert gleichen Fleiß von der G20. Doch Deutschland
> braucht selbst Nachhilfe.
Vor Beginn des G20-Gipfels in Südkorea werfen sich die Regierungen der
Industrie- und Schwellenländer gegenseitig Protektionismus vor. Der sieht
aber nun nicht mehr aus wie früher, als Staaten durch hohe Zölle die
Einfuhr ausländischer Waren behinderten. Heute versuchen Regierungen auf
andere Weise, ihrer eigenen Industrie Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Sie halten ihre Währungen und damit die Exportpreise niedrig. Oder sie
sorgen mithilfe niedriger Lohnkosten für unschlagbar günstige Preise.
Letzteres ist der deutsche Weg. Seit Kanzler Schröder wird hierzulande
bewusst ein Niedriglohnsektor gepäppelt. Zeitarbeit, befristete Verträge
und die Drohung mit dem rapiden Abstieg in Hartz IV haben dazu beigetragen,
jegliche Forderung nach höherem Lohn im Keim zu ersticken. Die Folge war
ein jahrelanges Schrumpfen der Reallöhne, also dessen, was nach Abzug der
Inflation übrig bleibt. 2009 sanken die Löhne erstmals auch nominal auf
breiter Front.
Der Wirtschaft war es recht. Während überall im Ausland Löhne und Kosten
stiegen, konnten die deutschen Unternehmen ihre Waren zu Dumpingpreisen auf
den Markt werfen. Die Regierung Chinas fährt die gleiche Strategie. Mit dem
Unterschied, dass sie die Exportpreise nicht durch Lohn-, sondern durch
Währungsdumping niedrig hält.
Die Bundesregierung aber unterscheidet feinsinnig: deutscher Überschuss
gut, weil durch gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit begründet - chinesischer
Überschuss ungut, weil mit unfairen Mitteln erzielt. Und die US-Politik,
die sich nun ihrerseits mithilfe der Währungspolitik Vorteile zu
verschaffen versucht, ist natürlich ganz verschwenderisch und damit böse.
Mit ihrer radikalen Exportstrategie auf dem Rücken der Lohnabhängigen ist
die Bundesrepublik erstaunlich schnell aus der Krise gekommen. Das ist der
Stolz der Regierung, die sich auch deshalb vehement gegen alle Forderungen
wehrt, ihre inländische Nachfrage zu stärken. Sollen die anderen doch
selbst erst mal so fleißig und sparsam sein wie wir, belehrt sie die
G-20-Staaten. Doch braucht die Bundesregierung selbst Nachhilfe: Wenn alle
den Gürtel enger schnallen und exportieren, wer kauft denn dann die ganzen
Waren made in Germany?
11 Nov 2010
## AUTOREN
Nicola Liebert
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