# taz.de -- Hartz-IV im Bundesrat: Saar-Grüne könnten rechts umfallen | |
> Der Bundesregierung fehlt nur eine Stimme, um die Hartz-IV-Reform im | |
> Bundesrat durchzusetzen. Schwarz-Gelb könnte die Saar-Grünen "kaufen", | |
> fürchtet die SPD. | |
Bild: Hubert Ulrich, von Daniel Cohn-Bendit auch schon als "Mafiosi" bezeichnet. | |
Am Freitag wird Schwarz-Gelb im Bundestag die Hartz-IV-Reform | |
verabschieden. Erwachsene bekommen ab dem 1. Januar 2011 364 Euro im Monat, | |
5 Euro Euro mehr als bisher. Kinder sollen Zuschüsse für Schulmaterial, | |
Mittagessen in Schule und Kita erhalten. Die Opposition hält das für völlig | |
unzureichend. | |
Bislang ging man davon aus, dass die schwarz-gelbe Reform noch geändert | |
wird. Denn am 17. Dezember muss der Bundesrat zustimmen. Dort verfügt | |
Schwarz-Gelb über keine Mehrheit, deshalb rechnet man bisher damit, dass | |
man im Vermittungsauschuss einen Kompromiss finden wird. SPD und Grüne | |
wollen einen höheren Regelsatz, mehr für Kinder und mit Schwarz-Gelb über | |
den Mindestlohn verhandeln. | |
Doch seit die Grünen die Koalition in Hamburg verlassen haben, ist auch ein | |
anderes Szenario denkbar: nämlich ein Ja des Bundesrates. Wenn es | |
Arbeitsministerin von der Leyen gelingt, "Jamaika" im Saarland zur | |
Zustimmung zu bewegen, würde die Reform unverändert durchgehen. Das wäre | |
ein politischer Triumph für Merkel & Co, eine Niederlage für Rot-Grün. | |
Angeheizt hat diese Spekulation Hubert Ulrich, Chef der saarländischen | |
Grünen. In einem Interview erklärte er, dass sich das Saarland "nach | |
derzeitigem Stand" in der Länderkammer der Stimme enthalten werde. Bisher | |
gebe es kein ernsthaftes Angebot vom Bund - will sagen: Das kann sich noch | |
ändern. Merkel könnte das Saarland kaufen - genauso hat es auch Gerhard | |
Schröder mal mit dem Land Brandenburg gemacht, als Rot-Grün die Zustimmung | |
des Bundesrates zur Steuerreform brauchte. | |
Wenn die Bundesregierung viel Geld für das chronisch finanzschwache | |
Saarland lockermachen würde, "müssen wir das beraten", so Grünen-Chef | |
Ulrich. Aus FDP-Kreisen hört man, dass Schwarz-Gelb derzeit nicht damit | |
rechnet, dass die Saar-Grünen umfallen. Es wäre ja mehr als verwunderlich, | |
so ein FDP-Mann, wenn "die Grünen für uns die Kohlen aus dem Feuer holen". | |
Doch Ulrich gilt auch bei den Bundes-Grünen als jemand, der nur schwer | |
steuerbar und rationalen Argumenten nur bedingt zugänglich ist. | |
Der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann polterte prompt gegen | |
den "schmutzigen Deal" zwischen von der Leyen und den Saar-Grünen. "Die | |
Grünen dürfen sich nicht kaufen lassen", so Oppermann. Grünen-Parteichef | |
Cem Özdemir müsste die Saar-Grünen "zur Ordnung rufen". | |
Der allerdings äußerte sich nur äußerst vorsichtig. Es sei normal, dass das | |
Saarland im Bundesrat seine Interessen vertritt. Den Saar-Grünen sei "aber | |
bewusst, dass es hier nicht nur um Länderinteressen geht". | |
Auch linke Grüne halten erst mal den Ball flach. Ulrich habe auch vor dem | |
schwarz-gelben Wachstumsbeschleunigungsgesetz folgenlos über ein Ja aus dem | |
Saarland räsoniert. Damals waren die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat | |
allerdings auch eindeutiger. Hubert Ulrich scheint die bundesweite | |
Aufmerksamkeit jedenfalls zu genießen. "Bisher" so Ulrich in einem | |
Interview, "kann Herr Oppermann beruhigt sein." | |
2 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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