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# taz.de -- Gift in Spielzeugen: Zu weich bei Weichmachern
> Die EU-Kommission puzzelt an einem Gesetz zu Grenzwerten für Gift in
> Spielzeug herum. Die Bundesregierung ist zufrieden, die
> Verbraucherschützer nicht.
Bild: In Tuchfühlung mit dem Quietscheentchen: Unklar bleiben die Folgen.
BERLIN taz | Spielzeug soll ein bisschen weniger giftig werden, zumindest,
wenn es nach dem Willen des EU-Industriekommissars Antonio Tajani geht.
Vergangene Woche verkündete der Politiker der Forza Italia vor dem
EU-Parlament, die Grenzwerte für Inhaltsstoffe, die Krebs auslösen, das
Erbgut verändern oder die Fortpflanzung stören könnten, seien
"wissenschaftlichen Erkenntnissen" anzupassen, also: zu senken.
Darauf hatte die Bundesregierung in Berlin schon länger gedrängt. Weil die
Grenzwerte, etwa für polyaromatische Kohlenwasserstoffe oder Schwermetalle
wie Blei und Cadmium in der Spielzeugrichtlinie der EU viel zu hoch seien,
hatte sie dem Regelwerk im vergangenen Jahr nicht zugestimmt. Nun sieht sie
sich auf Erfolgskurs: "Unser beständiger Druck zeigt Wirkung", freute sich
Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) am Donnerstag. Dass die Kommission
Nachbesserungen ankündige, sei ein gutes Zeichen.
Zwar müsse das Problem auf europäischer Ebene gelöst werden, sagt Axel
Singhofen, Umweltexperte der grünen Parlamentariergruppe im EU-Parlament.
Den Anstoß könnten aber nur die Nationalstaaten geben, sagt der
Umweltexperte. Das Beispiel Bisphenol A zeigt, wie es geht: Dänemark und
Frankreich haben den Weichmacher, der im Verdacht steht, die
Fortpflanzungsfähigkeit zu gefährden, in Babyflaschen verboten.
Die EU-Kommission zog nach, entgegen der Empfehlung der Chemikalienbehörde
EfsaLinkspartei und SPD fordern auch die Bundesregierung auf, die
Grenzwerte für gefährliche Inhaltsstoffe im Alleingang zu senken. Der Grüne
Singhofen hält allerdings schon den Ansatz für falsch, Giftstoffe über
Grenzwerte zu regeln. Um diese festzulegen, wird eine Chemikalie zunächst
am Tierversuch getestet. Dann wird überlegt, auf welche Weise das Produkt
gebraucht wird und wie welche Menge eines Stoffes bei welchem Gebrauch
austreten - und seine giftige Wirkung entfalten kann. "Das dauert bei
vielen Stoffen jahrelang", sagt Singhofen.
Außerdem sei die Festlegung oft willkürlich - wer weiß schon, was ein
Kleinkind mit einem Gummiring anstellt? "Letztlich ist die ganze
Grenzwertedebatte nur dazu da, um die Existenz von Giften im Spielzeug zu
legitimieren", klagt Singhofen. Sinnvoll sei nur ein Verbot giftiger
Stoffe.
Ein neuer Vorstoß kommt nun aus Belgien: Das Land hat Puzzle-Teppiche für
Kleinkinder verboten, die Formamid enthalten. Das Lösungsmittel kann Krebs
auslösen und das Erbgut verändern. Auch Industriekommissar Tajani hat die
giftigen Puzzle in seiner Rede vor dem EU-Parlament schon erwähnt. Dem
deutschen Bundesamt für Verbraucherschutz (BVL) liegen "zu den
Puzzle-Teppichen keine Erkenntnisse vor", teilt ein Sprecher mit.
Grenzwerte für Formamid "gibt es nicht", so das BVL.
17 Dec 2010
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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